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Titel:

Päpstliche Schlüssel im Appenzeller Wappen

Thema: Politik

Ort: Herisau    (Karte anzeigen)

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Datum: --.--.1517

Masse: 46 x 45 x 7 cm

Standort: Evangelische Kirche Herisau

Urheber/-in:

Beschreibung:

Der 1517 datierte Wappenstein ist seit der Kirchenrenovation von 1959/60 links vom Nordportal der reformierten Kirche Herisau eingemauert. 1906 war er an die Nordwand versetzt worden, nachdem er seit der Bauzeit der Kirche den Schlussstein des mittleren Westportals gebildet hatte. Der Wappenstein zeigt im Relief den Appenzeller Bären mit den päpstlichen Schlüsseln. Johann Conrad Schäfer, Herausgeber, Redaktor und Autor des «Avis-Blatts für Herisau und die umliegende Gegend», nennt 1811 den Hauptmann Bartholomäus Berweger von Appenzell als Stifter des Wappensteins.

Geschichte:

Die Zeit zwischen der französischen Eroberung Mailands 1499 und der Schlacht von Marignano 1515 ist für die Eidgenossenschaft, für deren Staatsverständnis und Nationalbewusstsein von grosser Bedeutung: Die Verwicklung schweizerischer Truppen in die Mailänderkriege bildete den Höhepunkt militärischer Machtentfaltung der Eidgenossenschaft. 1513 wurde Appenzell als XIII. Ort in den Bund der Eidgenossen aufgenommen.

Beschirmer der Freiheit der Kirche
«Die Schweizer, vereint mit den päpstlichen und venetianischen Truppen, verjagen die Franzosen aus dem Mailändischen», überschrieb Johann Caspar Zellweger in seiner Geschichte des appenzellischen Volkes den Abschnitt, in dem er die Rolle von Matthäus Schiner aus Sitten, päpstlicher Nuntius in der Eidgenossenschaft und seit 1512 Administrator der Diözese Novara, in Bezug auf die Ideologisierung der Reisläuferei schilderte. (1) 1510 hatte Schiner die Tagsatzung zu einer Vereinigung mit Papst Julius II. bewogen, in dessen Diensten die eidgenössischen Stände infolge der Kapitulation von Cremona, Pavia und Mailand und der Vertreibung der Franzosen aus der Lombardei mit einem goldenen Schwert, einem herzoglichen Hut und dem Titel «Beschirmer der Freiheit der Kirche» ausgezeichnet worden waren. Als zusätzliche Ehrengaben erhielten Stände, Landschaften, Städte und Zugewandte Orte sogenannte «Juliusbanner», Banner aus Seidendamast mit verbesserten Wappen. Dem Zugewandten Ort Appenzell wurde in einer von Schiner signierten Urkunde vom 24. Juli 1512 im Namen des apostolischen Stuhles ab dato und für alle künftigen Zeiten die Freiheit verliehen, dass sein aufrecht gehender Bär in seinem Wappen goldene Schlüssel ergreifen und halten dürfe und dass das Land diese frei und rechtmässig besitzen, behalten, führen und verwenden könne. (2)

Wie der Stifter so die Zeit
Die Appenzeller machten von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch; mit einer Ausnahme: dem Wappenstein, laut Überlieferung gestiftet von Bartholomäus Berweger, einem Mann, der in den italienischen Feldzügen zu Reichtum gekommen war, als «urchiger Kraftmensch» galt und rücksichtslos und gewalttätig agiert haben soll. (3) Noch 1521 soll er ohne obrigkeitliche Erlaubnis Papst Leo X. 250 Appenzeller Reisläufer zugeführt haben. Nach seiner Rückkehr quittierte er den fremden Kriegsdienst, trat zur Reformation über und wurde deren eifriger Förderer, wie Walter Klarer in seiner Reformationschronik erstmals bezeugte.

Zeiten überdauert
Der Reliefstein mit den päpstlichen Schlüsseln an der Kirche Herisau ist das Zeugnis einer bewegten Zeit – und er hat die Zeiten überdauert. Die 1516–20 neu erbaute St. Laurentius-Kirche wurde erst 1529 reformiert, als letzte Kirche auf Ausserrhoder Boden. Der Wappenstein überlebte nicht nur den Konfessionswechsel, sondern auch die Feuersbrunst von 1559, die Barockisierung von 1782/83 und die verschiedenen Versetzungen vom Westportal an die Nordwand und schliesslich neben den Nordeingang sowie die zwischenzeitliche Bemalung mit schwarzer Farbe.

Autorin: Heidi Eisenhut, Trogen

Literatur:

Anmerkungen: (1) Zellweger, Geschichte II, S. 348–350; (2) Originalurkunde im LAAI, A XII, Nr. 25, hrsg. von Zellweger, Urkunden II/I, Nr. DCLXII, S. 472f., siehe auch: AUB I, Nr. 1609, S. 693; (3) Erstmals bei Schäfer, Materialien, S. 126–129.

Quellen: KBAR, App 2 AUB I; KBAR, App 3 Zellweger, Urkunden II/I; LAAI, A XII, Nr. 25.

Literatur:

Kläger, Albert: Kunstdenkmäler in Appenzell A. Rh.: Herisau. In: Appenzellische Jahrbücher H. 83/1955 (1956), S. 3–20.

Koller, Ernst H. und Jakob Signer (Hrsg.): Appenzellisches Wappen- und Geschlechterbuch. Bern/Aarau 1926, S. 18f.

Heim, Heinrich Jakob (Hrsg.): Pfr. Walther Klarers Geschichte der Reformation im Appenzellerlande. Nach einer jüngst entdeckten Handschrift diplomatisch getreu copirt und veröffentlicht. In: Appenzellische Jahrbücher 2. F., H. 8/1873, S. 86–106.

Schäfer, Johann Conrad: Materialien zu einer vaterländischen Chronik des Kantons Appenzell VR. Dritter Jg. Herisau 1811.

Schläpfer, Walter: Appenzell und die Eidgenossen, in: Appenzeller Geschichte. Band I: Das ungeteilte Land. Verfasst von P. Rainald Fischer et al. 2. unverändert. Aufl. 1976, S. 227–302.

Steinmann, Eugen: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Ausserrhoden. Bd. I: Der Bezirk Hinterland. Basel 1973 (Die Kunstdenkmäler der Schweiz).

Steinmann, Eugen: Reformierte Kirche von Herisau. Basel 1976 (Schweizerische Kunstführer 19/183).

Urkunden zu Joh. Caspar Zellweger’s Geschichte des appenzellischen Volkes. Zweiter Bd., erste Abtheilung. Trogen 1833.

Zellweger, Johann Caspar: Geschichte des Appenzellischen Volkes. Zweiter Bd. Trogen 1834.

Tags:

Herisau, Wappen, Solddienst, Bär, Papst, Julius II.

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