Marktflecken Herisau

Thema: Wirtschaft

Ort: Herisau

Datum: --.--.1940

Masse: 11,2 x 17,4 cm

Standort: Gemeindearchiv Herisau, GHE-I.1-003-001

Urheber/-in: Foto Gross, St. Gallen

Beschreibung:

Der prominente Marktplatz im Herzen Herisaus und die ihn prägenden Bauten ringsum veränderten sich mehrmals umfassend: 1853 durch die neu angelegte Kasernenstrasse und 1879 und 1911 durch die Bahnhofstrassenprojekte sowie 1914 durch den Bau des heutigen Regierungsgebäudes. Die 1880 errichtete meteorologische Säule war 1912 durch das neue Waaghaus ersetzt worden, wozu sich 1913 anlässlich 400 Jahre Eidgenossenschaft eine neue gepflanzte Linde gesellte. Grosse Bäume vor dem Haus zum Tannenbaum waren hingegen der Platzneugestaltung zum Opfer gefallen. Die Postkarte zeigt etwa diese Situation, herausgegeben wurde sie vom 1921 von Hans Gross (1889-1942) in St. Gallen gegründeten Fotofachgeschäft, das ab 1942 von seinen Söhnen weitergeführt wurde.

Die Marktstände – auf manchen kolorierten Postkarten der Jahrhundertwende haben sie rot-weiss gestreifte Dächer – schmiegten sich grösstenteils an die Kirchenmauer. Rings um die Kirche bestand um 1910 eine dichte Reihe erst halbwüchsige Bäume. Auf dem Platz selbst kann man freistehende Ansammlungen von Säcken, Körben und Kisten erkennen, die hier ungeschützt feilgeboten wurden. Teils befinden sie sich noch auf den hölzernen Transportwagen und Handkarren. Auf unserem Bild aus der Zeit zunehmender Motorisierung um 1930-50 sind Motorfahrzeuge zu sehen. Sie werden in den kommenden Jahrzehnten dem beschaulich wirkenden Marktleben den Todesstoss versetzen.

Geschichte:

Während der mittelalterliche Markt vorwiegend in städtischen Siedlungen stattfand, wird Herisau im 16. Jahrhundert zum Marktflecken, ohne Stadtrecht, Stadtmauern etc. Ab 1518 ist ein Jahrmarkt zu St. Laurentius, dem Kirchenpatron, und ab 1537 sind Wochenmärkte erwähnt. Schon die Marktordnung von 1730 erwähnt neben gehandelten Waren wie Garn, Flachs, Schmalz, Mehl und sonstige Lebensmittel dezidiert auch den Obstmarkt. Zum bedeutendsten Marktflecken im Appenzellerland gehört auch der seit 1792 bestehende wöchentliche Viehmarkt am Freitag. Auf Postkarten um 1910 kann man die Bezeichnung „Obstmarkt“ lesen und es ist bekannt, dass der Herisauer Wochenmarkt besonders stark mit Obst aus dem Fürstenland und dem Thurgau befahren wurde. Die Jahrmärkte fanden gemäss Marktordnung von 1912 als Lichtmessmarkt, Herbstjahrmarkt (Montag/ Dienstag nach Burkhart), Martinimarkt und Klausmarkt statt.

Lebendiges Marktleben dokumentieren die Erneuerungen des Marktreglements 1898, 1912, 1939, 1963 und 1989. Besonders in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts bahnen sich durch die Massenmotorisierung nochmals einschneidende Veränderungen um den und auf dem Obstmarkt an: 1977 durch das Neubauprojekt der Ausserrhodischen Kantonalbank, eingeleitet bereits 1972 durch den Abbruch des Waaghäuschens auf dem Obstmarkt, 1992 verstärkt durch den Abbruch des „Storchen“, ehemals Warenhaus Oscar Weber und Jelmoli (1986-1992). Zu dieser Zeit stehen auch dem Stolz der einen über den hier realisierten ersten Strassenkreisel im Appenzellerland (1992) stehen die Diskussionen und Bemühungen um die Verkehrsfreiheit des Obstmarkts 1989, 1992, 1998 vehement entgegen. Gleichzeitig finden Jahrmarkt (Terminänderung) und Wochenmarkt, mit ebenfalls neuen Zeiten (nach Besucherumfragen 1993), nämlich am Samstag von April bis Oktober, zu neuen Formen, die sozialen und ethischen Ansprüchen vieler entsprechen.

Zusatztexte:

Rebsamen, Hanspeter u.a.: Inventar der neueren Schweizer Architektur (INSA), 1850-1920: Herisau, Band 5. Bern 1990, S. 133, 206.

http://www.hls-dhs-dss.ch: Thomas Fuchs, Artikel Herisau (2015-09-22).

Eugster, August: Die Gemeinde Herisau im Kanton Appenzell A. Rh. Herisau 1870, S. 375 f.

Gemeindearchiv Herisau: GHE-B.7-001-001 Marktordnungen 1670-1804.

Appenzellische Jahrbücher, Appenzeller Kalender 1976-2004.

Tags:

Herisau, Fotografie, Bildliche Darstellung, Markt, Obstmarkt, Foto Gross.

Zeitzeugnisse

Titel:

Marktflecken Herisau