Zeitzeugnisse

Drucken Alle Suchresultate Artikel davor Artikel danach

 

Bild

Titel:

Das Alpstein Museum von H.R. Fricker

Thema: Kultur

Ort: Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden

Datum: --.--.2003

Masse: 70 x 22 cm

Standort: Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden, KB-014480

Urheber/-in: H.R. Fricker

Beschreibung:

Tafelblock für das Alpstein Museum, 2003: Die Emailschilder sind beschriftet mit Namen von Kletterrouten im Alpstein. Mit offenem Blick für das Andere integriert H.R. Fricker Inhalte aus anderen Kulturen und Gruppierungen in sein Schaffen. Dadurch eignet er sich diese Inhalte nicht nur an, er transferiert sie in eine neue mediale Umgebung und macht sie damit einem neuen Empfängerkreis zugänglich.
 

Geschichte:

Busenwunder, Blutbad und Grössenwahn sind Namen von Kletterrouten im Alpsteingebirge. Als Emailtafeln bilden die kuriosen Namensfindungen einen Teil des Kunstprojekts Alpstein Museum, das der Konzeptkünstler H.R. Fricker in den Jahren 2002 bis 2006 realisierte. Dafür vernetzte er nicht nur die im Alpstein verteilten Gasthäuser miteinander und regte einen Wissensaustausch über die Gebirgslandschaft an. Durch eine Beschilderung und Umbenennung des gesamten Gebietes in ein alpines Museum vor Ort sensibilisierte er auch den Blick für bereits Vorhandenes.

1998 entwickelte Fricker auf seinen Wanderungen in das Alpsteingebirge die Idee eines Erlebnismuseums vor Ort, des Alpstein Museums. Es sollte Informationen vermitteln, ohne die Besucher von ihrem Naturerlebnis abzubringen. In Zusammenarbeit mit den dort beheimateten 28 Berggasthäusern konnte er nach vier Jahren Vorbereitungszeit 2002 das Museum eröffnen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Museen gründete er keine Institution unter einem Dach, vielmehr erklärte er das gesamte Gebiet zum Museum. Tafeln mit der Aufschrift «Alpstein Museum» kennzeichneten die am Projekt teilnehmenden Gasthäuser, in denen Bibliotheken und temporäre Ausstellungen eingerichtet wurden. In offenen Gesprächsrunden tauschten Ortskundige und Fachleute ihr Wissen aus. Der Künstler selbst wusste auf seinen geführten Wanderungen anhand eines Pocketmuseums, eines Museums im Hosentaschenformat, das aus Fundstücken besteht, Exkursionsteilnehmern Kurioses und Wissenswertes zu erzählen. Daneben machte Fricker durch dezentrale Ausstellungen auf das Projekt aufmerksam und entwickelte Kunstobjekte speziell für das Museum. Dazu zählen auch die Schilder mit den Namen von Kletterrouten, die keine Erfindungen des Künstlers sind, sondern traditionell jeweils vom Erstbesteiger der Route benannt werden.

1947 in Zürich geboren und in Gossau aufgewachsen, lebt Fricker seit über dreissig Jahren in Trogen. 1981 fügte er seiner Anschrift den Zusatz «Büro für künstlerische Umtriebe» bei und wurde aktiv in der Mail-Art-Szene. Neben seiner Teilnahme an mittlerweile über 400 Mail-Art-Shows weltweit hat er vor allem mit seinen Aufrufen zum Tourismus oder zum 1. und 2. Dezentralen Mail-Art- und Networker-Kongress die Szene entscheidend mitgeprägt und weiterentwickelt. Häufig sind besondere Ereignisse, die ihn «empören», impulsgebend für eine kreative Auseinandersetzung. 1981 reagierte er auf das noch fehlende Frauenstimmrecht in Appenzell Ausserrhoden mit einer Kunstfigur namens «Ida Schläpfer». Unter diesem Pseudonym warb Fricker in der Öffentlichkeit für die Gleichberechtigung und lancierte 1987 unter Einsatz verschiedener Medien eine Frauenlandsgemeinde in Trogen. Er ist fasziniert von der Idee einer gegenseitigen Beeinflussung von Kunst und Leben. Dafür nutzt er Methoden und Medien, die nicht selten vom gängigen Kunstverständnis abweichen. Fricker will mit seiner Kunst nicht nur Einfluss ausüben, sondern sich selbst beeinflussen lassen. Ein zentraler Bestandteil seines Schaffens ist dabei der vielseitige Einsatz von Sprache. Neben Slogans, Anagrammen und Aufrufen nutzt er vor allem seine Orte-Schilder wie «Ort der Angst» oder «Ort der Vision», mit denen er öffentliche wie private Räume besetzt und so die Wahrnehmung verändert. Im Laufe der Jahrzehnte hat er seine Medien immer wieder dem Wandel der Zeit angepasst: Fotografien, Kleinplakate, Mail Art, Schilder und Facebook nutzt er ebenso wie neue Museen – neben dem Alpstein Museum auch das Museum für Lebensgeschichten in Speicher – und die Verleihung von Preisen, um seine Ideen zu verbreiten.

Autorin: Ute Christiane Hoefert, Frauenfeld

Literatur:

Quellen:
KBAR, KB-014480 Alpstein Museum, Emailplättchen (auf Plexiglas).

Literatur:
art-tv-ch. das kulturfernsehen im netz. URL: www.art-tv.ch/8302-0-Kunstmuseum-Thurgau-I-HR-Fricker.html (06.12.2012).

H. R.  Fricker: Erobert die Wohnzimmer dieser Welt! Hrsg. vom Kunstmuseum Thurgau. Zürich 2012 (Binding sélection d’artistes, No 42).

H.R. Fricker. URLs: www.hrf.ch; www.erobertdiewohnzimmer.net; www.conquerthelivingrooms.net; www.placeofplaces.com; www.alpsteinmuseum.ch; www.facebook.com/hrfricker (alle 06.12.2012).

Museum für Lebensgeschichten. URL: www.museumfuerlebensgeschichten.ch (06.12.2012).

Tags:

Alpstein, Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden, Kultur, Kunst, Klettern, Kunstobjekt, Museum, H.R. Fricker

Ähnliche Themen:

Appenzell Innerrhoden Appenzell Ausserrhoden Kultur Alpstein Kunst Klettern Kunstobjekt Museum H.R. Fricker