Zeitzeugnisse

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Titel:

Appenzeller Wappentier als Wirtshausschild

Thema: Wirtschaft

Ort: Gonten    (Karte anzeigen)

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Datum: --.--.1751

Masse: 73 x 78 x 8 cm

Standort: Museum Appenzell, Inv.-Nr. 2517

Urheber/-in:

Beschreibung:

Hölzernes Wirtshausschild des Gasthauses zum Bären in Gonten. Johann Bartholome Blatter und dessen Ehefrau Maria Genoveva Wissmann wirteten von 1751 bis spätestens 1768 im Gontner «Bären». Das Schild entstand anlässlich ihres Antrittes als Wirtsleute. Die Rückseite des Schildes ist ebenfalls bemalt und mit dem Namenszug des Wirtes versehen.
 

Geschichte:

Aushängeschilder an Häusern zählen zu den kulturgeschichtlich ältesten Bildsymbolen. Als Motive wurden Begriffe aus Umwelt und Alltag verwendet, aber auch landwirtschaftliche Gegebenheiten, christliche Symbole und Reisemittel. Mit Hauszeichen wurden namentlich Tavernen und Gasthäuser benannt. «Stumme» Bilder entwickelten sich gewissermassen zu «redenden» Symbolen und damit zu allgemein bekannten Wahrzeichen. Solchermassen dienten sie als Wegweiser und Orientierung in verwinkelten Gassen und Strassen.

Eine Vorliebe für bestimmte Motive führte in vielen Gegenden zu einer Häufung dieser Wahrzeichen. Im Appenzellerland ist es der Bär, das Wappentier des Landes Appenzell. Nach diesem Hauszeichen wurde in Gonten die wohl älteste Gaststätte der Ortschaft benannt. Dem Gastgewerbe kam früher in Gonten eine besondere Bedeutung zu, war es doch im 17. und 18. Jahrhundert ein beliebter Wallfahrtsort («Maria zum Trost») und während Jahrhunderten eine Durchgangsstation für Pilger nach Einsiedeln und Santiago de Compostela.

Im 18. Jahrhundert wirtete im Gontner Gasthaus zum Bären ein Mann namens Johann Bartholome Blatter. Zu seinem Einstand hatte er im Jahre 1751 ein hölzernes Wirtshausschild herstellen lassen. Als angehender Wirt hatte Blatter in Appenzell auf dem Rathaus anzuloben, also vor der Obrigkeit ein Gelübde abzulegen, dass er die Bestimmungen des Gastgewerberechtes getreulich einhalten werde. Regelmässige Erlasse dazu lassen sich schon ab der Mitte des 16. Jahrhunderts in den Mandatenbüchern finden.
In seiner Schildwirtschaft war Blatter nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, Zimmer für Gäste und Ställe für Pferde zur Verfügung zu stellen. Seine Räumlichkeiten hatten zudem der Abhaltung von Hochzeiten und von öffentlichen Festlichkeiten zu dienen. Ausserdem waren den Gästen das ganze Jahr über warme Speisen anzubieten. Im Gegensatz dazu durften Reifwirtschaften weder Gäste beherbergen noch warme Speisen verabreichen. Auch das Tanzen war dort gänzlich untersagt. Ein Reifwirt durfte lediglich Getränke – vor allem Most und Wein – zu mässigen Preisen an Einheimische ausschenken.

Auf dem Gontner Wirtshausschild sind die Vor- und Nachnamen von Johann Bartholome Blatter und von dessen Ehefrau Maria Genoveva Wissmann zu lesen. Diese Nachnamen sind im inneren Landesteil von Appenzell Innerrhoden nur ganz selten anzutreffen. Blatters frühere Heimat muss in Oberegg gesucht werden, die Ehefrau dürfte wohl ursprünglich in Uznach beheimatet gewesen sein. Beim Ehemann kann es sich aber auch um einen Konvertiten aus Walzenhausen handeln, der nach damaligen gesetzlichen Gepflogenheiten auf Grund seines Übertrittes zum katholischen Glauben das Landrecht von Appenzell Innerrhoden erlangte und sich auch dort niederlassen durfte.
Am 26. Mai 1753 wurden drei der vier Söhne des Wirtepaares in die Rhode Schwende aufgenommen. Diese verschrieben sich später dem geistlichen Stand: Pater Heinricus (Josef Benno Nikolaus, 1747–1798) als Zisterzienser in Wettingen, Pater Anselm (Franz Anton Dominik, 1749–1807) als Benediktiner in Pfäfers und Pater Johann Capistran (Johann Bartholome Schmerzensreich, 1751–1796) als Kapuziner in mehreren Klöstern. Letzterer wirkte nach seinem Austritt aus dem Kapuzinerorden als Kaplan in Appenzell (1789–1794) und als Pfarrer in Gonten (1794–1796).

Autor: Achilles Weishaupt, Appenzell

Literatur:

Alder, Oscar: Das appenzellische Wirtschaftswesen und seine geschichtliche Entwicklung. Herisau 1914, S. 6.

Bischofberger, Hermann: Rechtsarchäologie und Rechtliche Volkskunde des eidgenössischen Standes Appenzell Innerrhoden. Ein Inventar im Vergleich zur Entwicklung anderer Regionen. 2 Bde. Appenzell 1999 (Innerrhoder Schriften, Bd. 8), S. 814.

Die Rechtsquellen der Kantone Appenzell. Bd. 1: Appenzeller Landbücher. Bearb. von Nathalie Büsser. Basel 2009 (Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, Abt. 13), S. 264.

Koller, Albert: Die Rhoden des inneren Landesteils von Appenzell. 3. Aufl. überarb. und erg. von August Inauen. Appenzell 1982, S. 20.

Koller, Ernst H., Signer, Jakob: Appenzellisches Wappen- und Geschlechterbuch. Bern, Aarau 1926, S. 24–25.

Suter, Dietrich: Kanton Appenzell Innerrhoden. Ehemalige und derzeitige Gastbetriebe (Wirtschaften, Gasthäuser, Restaurants, Hotels usw.) sowie Weetshuustafeen und bemerkenswerte Geschäftsschilder im Kanton Appenzell Innerrhoden. St. Gallen 2006. [Typoskript], Ordner 1, S. 29–31.


 

Tags:

Wirtschaft, Gastronomie, Gonten, Schild

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