Zeitzeugnisse

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Titel:

Klosterbau mit Hindernissen

Thema: Wirtschaft

Ort: Appenzell    (Karte anzeigen)

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Datum: --.--.1680

Masse: 39 x 34 cm

Standort: Refektorium ehemaliges Frauenkloster Maria der Engel, Appenzell

Urheber/-in: Unbekannter Maler

Beschreibung:

Das 1680 von einem unbekannten Maler geschaffene Ölgemälde zeigt ein ländliches Porträt der Mutter Agatha Natter. In grosser Not kniete sie an Pfingsten 1680 vor dem Kreuze nieder und bat um Hilfe, da beim Klosterbau die Steine fehlten. Darauf habe – gemäss Legende – ein Unbekannter an der Pforte geläutet und Frau Mutter den Hinweis gegeben, wo das nötige Baumaterial zu finden sei.
 

Geschichte:

Auf innerrhodischem Boden bestehen heute die drei Klöster Grimmenstein, Wonnenstein und Jakobsbad. Bis vor wenigen Jahren waren es deren fünf. Es ist bemerkenswert, dass zwei Frauenklöster innerrhodische Exklaven in Appenzell Ausserrhoden sind. Die Gründungen gehen teils bis ins Spätmittelalter zurück. Erste Nachrichten einer Schwesterngemeinschaft in Appenzell liegen seit 1420 vor. Trotz des Wiederaufbaus des Schwesternhauses («Chlos») nach dem Dorfbrand von 1560 löste sich im Jahre 1583 die Gemeinschaft auf.

Im Geiste der Tridentinischen Reform entstand 1613 in Appenzell eine Neugründung als Kapuzinerinnenkloster. Bei der Standortfrage spielten auch die innerrhodischen Ratsherren eine wesentliche Rolle. Sie befanden, dass bei den vielen an einem Klostereintritt interessierten appenzellischen Töchtern deren Vermögen – es handelte sich vorwiegend um Aussteuern und «Zedel» (Gültbriefe) – im Lande bleiben sollten.

Als Unterkunft diente den aus den Klöstern Grimmenstein und Wonnenstein neu zugezogenen Kapuzinerinnen das sogenannte «Schloss», das der Staat 1584 konfisziert und 1613 als Schwesternhaus zur Verfügung gestellt hatte. Mit dem Bau einer eigenen Klosterkirche (1618–1620) ging für die Schwestern ein langgehegter Wunsch in Erfüllung. Später bewogen die zunehmend prekären Wohnverhältnisse im Schloss die Kapuzinerinnen, südlich der Kirche auch einen eigenen Klosterbau zu errichten. Treibende Kraft war die aus dem Bregenzerwald stammende Agatha Natter (Frau Mutter 1675–1687, 1690–1700). Allen Schwierigkeiten zum Trotz erreichte sie, dass das im Jahre 1679 von P. Marquard Imfeld, Guardian des Kapuzinerklosters Appenzell, geschaffene Projekt ausgeführt wurde. Vorarlberger Meister und einheimische Handwerker bauten von 1680 bis 1682 ein solides Klostergeviert, das als «eines der wichtigsten schweizerischen Zeugnisse schlichter und strenger franziskanischer Ordensbauweise» betrachtet werden kann.
Der Klosterbau war geprägt von Mühsal und Hindernissen. Bereits bei den Aushubarbeiten wurden Nachbarn bei den «Herren» (Obrigkeit) vorstellig und versuchten den Neubau zu verhindern. Als gar eine «Ringmauer» im Entstehen war, gaben sich die Anstösser erst nach einer Abfindung von «7 Dukaten» zufrieden. Grosse Schwierigkeiten stellten sich beim Graben von Lehm im Ried und später bei den Maurer- und Zimmerarbeiten ein. Ungeachtet vieler Widerwärtigkeiten liessen sich die Schwestern in ihrer Zuversicht nicht beirren. Halt gab ihnen vor allem die tatkräftige Mutter Agatha Natter, die, als während der Bauarbeiten keine Materialien zur Verfügung standen, auf «wunderbare» Art Hilfe fand.

Das Kloster wurde im Laufe seiner Geschichte hauptsächlich von Schwestern aus den Kantonen Appenzell Innerrhoden und St. Gallen bewohnt. Im 17. Jahrhundert stammten auffällig viele Schwestern aus dem Vorarlberg, im 19. aus Süddeutschland. Die Kapuzinerinnen pflegten in erster Linie das kontemplative Leben und betätigten sich in verschiedenen Bereichen. So sind Sticken, Garnspinnen, Tuchweben, die Herstellung von Kerzen, Votivgegenständen, Backwerk und zeitweilig von Heilmitteln bezeugt. Die wohl bedeutendste Aufgabe nach aussen war die von 1811 bis 1973 geführte Mädchenschule in Appenzell in drei zum Kloster gehörenden Schulhäusern. Im Jahre 2008 erfolgte wegen mangelnden Nachwuchses die Aufhebung des Klosters. Die letzten fünf Schwestern schlossen sich der Klostergemeinschaft von Grimmenstein an.

Autor: Josef Küng, Appenzell

Literatur:

Dörig, Monica. Weishaupt, Achilles: 200 Jahre Mädchenbildung in Appenzell Innerrhoden – 100 Jahre Schulhaus Chlos Appenzell. Appenzell 2011.

Helvetia Sacra. Hrsg. vom Kuratorium der Helvetia Sacra. Abt. V/VI, Bd. 2. Der Franziskusorden. Die Kapuziner und Kapuzinerinnen in der Schweiz. Bern 1974, Tl. 2, S. 978–990.

Jahrbuch des Gotteshauses St. Maria der Engel zu Appenzell 1841ff.

Fischer, Rainald: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Innerrhoden. Basel 1984 (Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Bd. 74), S. 251–284.

Küng, Josef et al.: Unser Innerrhoden. 2. Aufl. Appenzell 2003, S. 125f.


 

Tags:

Appenzell, Gemälde, Kloster, Bau, Kapuzinerinnen

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