Zeitzeugnisse

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Titel:

Dem Brunnengeist auf der Spur

Thema: Land

Ort: Trogen    (Karte anzeigen)

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Datum: --.05.1848

Masse: 39 x 30 cm

Standort: Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden, App b 8233

Urheber/-in: Gabriel Rüsch

Beschreibung:

Lithographie des Heilbades in Trogen nach einer Vorlage von J. U. Fitzi um 1844. Hauptgebäude in der Bildmitte, links davon das Badehaus, unmittelbar dahinter der Neubau mit Tanzsaal, Gästezimmern und Stallungen. Im Vordergrund die Goldach und im Hintergrund die Häusergruppe Blatten. Darunter eine Zusammenfassung der Chemischen Analyse der Mineralquelle durch Gabriel Rüsch.
 

Geschichte:

Im Zuge der Verwissenschaftlichung traditioneller Heilmethoden wurden zahlreiche Appenzeller Heilquellen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch den Speicherer Arzt Gabriel Rüsch systematisch auf ihre mineralogische Zusammensetzung und medizinische Wirksamkeit hin untersucht. So auch das ehemalige Bad Trogen im Goldachtobel, an dessen balneologische Vergangenheit heute nur noch die Überreste des ehemaligen Freibades aus den 1930er-Jahren sowie die Flurnamenbezeichnung «Bädli» erinnern.

Gabriel Rüsch  (1794–1856) entschied sich  nach seinen Lehrjahren bei Johann Heinrich Pestalozzi in Iferten gegen eine berufliche Zukunft im väterlichen Textil-  und Handelsunternehmen. Stattdessen liess er sich im In- und Ausland zum Arzt ausbilden. Neben seiner Forschungstätigkeit auf dem Gebiete der Balneographie, der Beschreibung von  Heilbädern, und der  Berufsausübung in seiner Geburtsgemeinde engagierte sich Rüsch in der kantonalen Politik, erarbeitete eine Fortsetzung der «Appenzeller-Chronik» von Gabriel Walser und war zeitweilig Redaktionsmitglied der Appenzeller Zeitung. Von diesen Verpflichtungen zog sich Rüsch gegen Ende der 1830er-Jahre zurück, um sich  ganz der Wissenschaft zu widmen. «Mit einem Thermometer, einer hydrostatischen Waage und  einem Berzelius’schen Apparat chemischer Reagentien untadelhaft versehen» machte er sich an die Überarbeitung der ersten  Ausgabe seines balneographischen Handbuches.

In der frühen Neuzeit zeichnete sich ein zunehmend naturwissenschaftlich basiertes Medizinverständnis ab, was unter anderem zu  einer
«Verwissenschaftlichung» traditioneller Heilmethoden führte. Die Ermittlung der mineralogischen Zusammensetzung unterschiedlicher Heilquellen zielte, in Kombination mit Erfahrungswerten über deren Heilkraft, auf die Erstellung eines balneologischen Wirkungskataloges ab – auf dass die Mineralwasser «bald bei unserem Volke an die Stelle des so verderblichen Missbrauchens des Aderlassens und Laxierens treten». Ein weiteres zentrales Anliegen der Balneologie stellte die Bekämpfung der Heilwasser-Quacksalberei dar. Die Entmystifizierung des Phänomens spiegelt sich auch in den Begrifflichkeiten wie «Gas» statt «Brunnengeist» und «Mineralquelle» statt «Gesundbrunnen» wider. Im Zuge dieser Entwicklung setzte sich Gabriel Rüsch auch auf politischer Ebene nachdrücklich für eine gesetzliche Reglementierung der Gesundheitsberufe ein.

In der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte das Bad im Goldachtobel seine besten Jahre bereits hinter sich. Der Ausbaustandard konnte in vielerlei Hinsicht nicht mehr mit demjenigen konkurrierender Kurhäuser mithalten. «Ausser der Kegelbahn und seltenem Tanz ist für das Vergnügen der Gäste gar nicht gesorgt, und der Zuspruch auch nicht mehr bedeutend.» Die Ursprünge dieses sogenannten Unteren Bades liegen weitgehend im Dunkeln. Es wird pauschal als eines der ältesten und lange Zeit auch bestbesuchten Bäder Ausserrhodens bezeichnet. Das Heilbad scheint aus einer lokalen Tradition heraus entstanden zu sein, wie sie sich noch im 19. Jahrhundert an der nahegelegenen Mineralquelle im Kastenloch beobachten liess: «Im Mai, wo das Wasser gewöhnlich am stärksten ist, wird es von den Bewohnern der  Umgegend seit undenklichen Zeiten begierig getrunken, weil es gesund sey. Am frühen Morgen und des  Abends vereinigen sich dabei oft 40 bis 50 Personen[,] um zu trinken und Flaschen zu füllen, die bei Hause genossen werden.»

Autorin: Leandra Naef, Speicher

Literatur:

Hungerbühler, Johann Matthias: Dr. Gabriel Rüsch’s Leben und Wirken. In: Verhandlungen der St. Gallisch-Appenzellischen gemeinnützigen Gesellschaft (1856), S. 151–185.

KBAR, App b 8233 Chemische Analyse der Mineralquelle zu Trogen im Tobel, im Mai 1848

Oberteuffer, Johann Heinrich: Abhandlung über die Wichtigkeit der Mineralwasser als vorzügliches Heilmittel in vielen Krankheiten. 1804.

Rüsch, Gabriel: Anleitung zu dem richtigen Gebrauche der Bade- und Trinkcuren überhaupt und mit besonderer Betrachtung der schweizerischen Mineralwasser und Badeanstalten. 3 Bde. Ebnat Kappel, Bern 1825–1832.

Rüsch, Gabriel: Der Kanton Appenzell […]. St. Gallen 1835 (Historisch-geographisch-statistisches Gemälde der Schweiz, 13).

Rüsch, Gabriel: Historisch-geographische Darstellung des Kantons Appenzell, mit besonderer Berücksichtigung seiner Kuranstalten, Alpengegenden und Industrie. St. Gallen 1844.

Rüsch Gabriel: Der Appenzeller Chronik von Gabriel Walser vierter Theil, in welchem alle Begebenheiten, so sich von 1772 bis 1798 zugetragen, unpartheiisch beschrieben sind. Trogen 1831.

Rüsch, Gabriel: Der Appenzeller Chronik von Gabriel Walser fünfter Teil, in welchem alle Begebenheiten, so sich von 1798 bis 1829 zugetragen, unpartheiisch beschrieben sind. Zus.gest. von Werner Hanselmann. Herisau 2008.

Steinmann, Eugen: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Ausserrhoden. Bd. 2: Der Bezirk Mittelland. Basel 1980 (Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Bd. 70), S. 33, 44.

Witschi, Peter: Geschichte einer Heillandschaft. In: Irniger, Heilen S. 13–46.

 

Tags:

Gewässer, Trogen, Lithographie, Heilbad, Mineralquelle, Gabriel Rüsch

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