Bild
Titel:
Nationales Pionierprojekt
Thema: Land
Ort: Heiden (Karte anzeigen)
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Datum: --.--.1899
Masse: Gesamtplan: 90 x 155 cm, Ausschnitt: 46 x 77 cm
Standort: Original: Staatsarchiv Appenzell Ausserrhoden, Pa.168-13-037-004; Digitalisat: StAAR IMG-01-10-220
Urheber/-in: Schweizerische Lokomotivfabrik Winterthur (SLM)
Beschreibung:
Das Bild zeigt einen Ausschnitt aus dem technischen Plan von 1899 für die vierte Dampflokomotive der Rorschach-Heiden-Bahn (RHB), einer kombinierten Adhäsions- und Zahnradlokomotive. Er beinhaltet verschiedene Detailansichten des von der Schweizerischen Lokomotivfabrik Winterthur (SLM), dem damals grössten Lokomotivbauer in der Schweiz, gelieferten Fahrzeugs. Die neue Lokomotive musste nach dem Anforderungsprofil auf 9% Steigung einen Zug von 65 Tonnen und auf horizontaler Bahn mittels Adhäsion einen Zug von 130 Tonnen ziehen können.
Die Lokomotive ruhte auf zwei Laufachsen, von denen die vordere durch Einrücken einer Kupplung als Adhäsionstriebachse arbeitete. Der Antrieb erfolgte durch eine besondere kleine, zweizylindrige Dampfmaschine. Der Zahnradtrieb hatte ein Zahntriebrad, das mittels Übersetzungsrädern durch die aussen am Rahmen gelagerten grösseren Zylinder arbeitete. Die Lokomotive besass also 4 Zylinder statt nur zwei wie die älteren der RHB. Sie mass 7,5 Meter statt 6 Meter, konnte rund 20 Tonnen Mehrbelastung bewältigen und kostete 48‘000 CHF, was damals mehr als einem Jahresgewinn der RHB entsprach.
Geschichte:
Die Initiative zum Bahnbau Rorschach-Heiden ging 1871 von der Lesegesellschaft Stöckle im damals blühenden Kurort Heiden aus. Einiges Kopfzerbrechen bereitete die Linienführung, um auch die berühmten Sandsteinbrüche von Wienacht in die Strecke einzubinden. Anstelle dieser komplizierten und teuren Linienführung einer Adhäsionsbahn wurde 1875 schliesslich ein Zahnradbahnprojekt unter Federführung des damaligen Direktors der Internationalen Gesellschaft für Bergbahnen in Aarau (1870-1880) Niklaus Riggenbach (1817-1899) realisiert. Der international anerkannte Lokomotivkonstrukteur setzte das von ihm wesentlich entwickelte Leiterzahnstangensystem nach Verwendung bei den Bahnen Vitznau-Rigi und Arth-Rigi auch bei der RHB ein, womit diese zur schweizweit drittältesten Zahnradbergbahn wurde. Die Strecke Rorschach-Heiden ist 5,69 km lang, weist einen Höhenunterschied von 396 m bei einer Steigung von max. 9,4 % mit Radien von 240 m auf.
Antriebskraft für die Lokomotiven bildete bis 1930 ausschliesslich Dampf, wobei bis 1899 drei Maschinen im Einsatz standen. Triebzahnrad, Zahnkranz, Antriebskolben und Transmissionsräder wurden besonders zwischen 1885 und 1897 laufend technisch verbessert, worüber die überlieferten Unterlagen Auskunft geben.
In jeder Richtung der Bahnstrecke fuhren anfänglich pro Tag vier Züge, an Sonntagen wurden Extrazüge geführt, gesamt bis zu 3500 Personen täglich transportiert. Besonders ab den 1890er Jahren wuchs der Verkehr langsam aber stetig, 1911 wurde die Höchstzahl im Personenverkehr mit 141'579 Personen erreicht.
Daneben war auch der Güterverkehr bedeutend, vor allem der Transport des seit Jahrhunderten abgebauten Rorschacher Sandsteins. Als die Steinbruchgesellschaft Wienachten ein neues Steinbruchareal in der Nähe der Station Wienacht in Betrieb nehmen wollte, stellte sie ein Konzessionsgesuch für ein Verbindungsgleis zur RHB-Gleisanlage, dem per Bundesbeschluss vom 15. Oktober 1897 entsprochen wurde. Sandsteinplatten und -quader konnten nun im Steinbruch selbst verladen und ohne weitere Manipulation transportiert werden.
Die gefahrenen Jahreskilometer der Güter-Extrazüge nahmen in der Folge von 1833 (1898) auf 2463 (1899) und 3185 Jahreskilometer, das sind 991 Güter-Extrazüge (1900) zu. Für diesen gesteigerten Steintransport war auch zusätzliches Rollmaterial beschafft worden: 1898 wurden 14 Güterwagen von 7,2 m Länge und 1899 11 Güterwagen von 10 m Länge gekauft sowie die auf dem Plan dargestellte Lokomotive bestellt, die ab Juni 1899 ihren Betrieb aufnahm.
1930 wurde die Rorschach-Heiden-Bahn elektrifiziert und die Dampflokomotiven bis 1949 sukzessive abgebrochen, der Güterverkehr verlor zunehmend an Bedeutung. Seit 1998 dampft „Rosa“, eine von der SLM 1951 für die Maschinenfabrik Rüti AG gebaute Lokomotive, in den Sommermonaten wieder auf der RHB-Strecke. Die Bahn fusionierte 2006 mit den Appenzeller Bahnen, der Trogenerbahn und der Bergbahn Rheineck-Walzenhausen.
Autorin: Gerda Leipold, Herisau
Literatur:
Keller, Heinrich: Denkschrift zum 50-jährigen Bestehen der Rorschach-Heiden-Bergbahn-Gesellschaft 1875-1925. Heiden 1925.
Niederer, Hermann: 100 Jahre Rorschach-Heiden-Bergbahn. In: Oehler, Arthur: 100 Jahre Kursaal Heiden. Heiden 1974, S. 15-32.
Rechenschaftsberichte der Rorschach-Heiden-Bergbahn 1888-1909. Heiden 1889-1910.
Röthlisberger, Peter W. (Red.): Bergbahnen der Schweiz. Siebnen 1959.
StAAR, Pa.168 Firmenarchiv Rorschach-Heiden-Bergbahn.
Szadrowsky, Heinrich: Heiden und die Rorschach-Heiden-Bahn. Zürich 1877.
Tags:
Technik, Heiden, Lutzenberg, Eisenbahn, Plan, Rorschach-Heiden-Bergbahn, RHB, Riggenbach, Bahn, Rorschach, Lesegesellschaft, Schweizerische Lokomotivfabrik Winterthur
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