Zeitzeugnisse

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Titel:

Siegerpokal des Bergrennens Herisau-Schwellbrunn

Thema: Leute

Ort: Schwellbrunn    (Karte anzeigen)

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Datum: --.--.1934

Masse: 28 x 12 cm

Standort: Privatbesitz Fritz Waldvogel, Wilchingen

Urheber/-in:

Beschreibung:

Pokal in Messing, versilbert, Inschrift: «Bergrennen Herisau-Schwellbrunn / 1934 / Amateurklasse 350 ccm / 1. Rang»

Geschichte:

Der «Siegerpokal» aus dem Jahr 1934 erinnert an die Epoche der populären Bergrennen im Appenzellerland. Das schwarz angelaufene Objekt stand jahrzehntelang unbeachtet in einer Abstellkammer, bis dem 1936 in Feuerthalen bei Schaffhausen geborenen Fritz Waldvogel auffiel, dass es eigentlich ein Zeitzeugnis darstellt. Sein 1905 geborener Vater, ebenfalls mit Namen Fritz, war von Beruf Automechaniker. Er pflegte in den frühen Dreissigerjahren des 20. Jahrhunderts hobbymässig den Motorradsport. In der Klasse «Amateure» habe er mehrere Rundstrecken- und Bergrennen bestritten, unter anderen im Appenzellerland die Bergrennen Zweibrücken-Rehetobel und Herisau-Schwellbrunn. Der Pokal dokumentiert, dass er letzteres 1934 gewonnen hat.

In jenen Jahren wurde laut den Erinnerungen von Fritz Waldvogel junior bei den Motorradrennen zwischen der Klasse der «Experten» und jener der «Amateure» unterschieden. Während die besser situierten «Experten» teilweise aus dem Ausland mit Transportfahrzeugen anrückten, fuhren die weniger betuchten, aber nicht weniger begeisterten «Amateure» bereits mit ihren «Rennmaschinen» von ihrem Wohnort zum Startplatz. Fritz Waldvogel, der in Feuerthalen wohnte, musste dafür immerhin rund 70 Kilometer auf teilweise schlechten Strassen zurücklegen.

Und auch an ein technisches Detail erinnert sich der Sohn: Um seine «Rudge 350ccm» renntauglich zu machen, baute sie Vater Waldvogel eigenhändig von Hand- auf Fussschaltung um, was ihm als Mechaniker keine Schwierigkeiten bereitet habe. «Ende 1935 aber fand die Renntätigkeit ein jähes Ende, da sich meine Eltern verheirateten und ich 1936 geboren wurde. In dieser Krisenzeit war Geld knapp, und mein Vater musste sein Motorrad verkaufen, damit ein Kinderwagen für mich angeschafft werden konnte.»

Dies wirft ein Licht auf die finanziellen Verhältnisse einer schweizerischen Arbeiterfamilie in der Zeit der Weltwirtschaftskrise. Immerhin habe sein Vater als qualifizierter Facharbeiter das Privileg einer gesicherten Stellung genossen, sagt der heute in Wilchingen im Kanton Schaffhausen wohnende Fritz Waldvogel.«Das Bergrennen Herisau-Schwellbrunn, das zum 6. Male durchgeführt wurde, brachte Betrieb und Lärm in das sonst so stille Dorf», notierte der Chronist der Appenzellischen Jahrbücher (1) in seinem Rückblick auf die Ereignisse in Schwellbrunn im Jahre 1934. Und auch die Rehetobler Rennstrecke ist dokumentiert. Im Heft Nr. 75 der Appenzellischen Jahrbücher werden Beteiligung und Interesse am nationalen Bergrennen für Motorräder und Seitenwagen als «gross» bezeichnet. Es sei verbunden gewesen mit der schweizerischen Amateurmeisterschaft auf der Strecke Zweibrücken-Rehetobel. (2) In der Landeschronik des Jahres 1948 ist festgehalten, dass viele Kreise die Missbräuche im sonntäglichen Strassenverkehr beklagten und «Intervention der kirchlichen Behörden» wünschten sowie, «dass das Bergrennen Rheineck-Walzenhausen in Zukunft unterbleiben möge.» (3)

Autor: Hanspeter Spörri, Teufen

Literatur:

1) Appenzellische Jahrbücher 62 (1935), S. 93
2) Appenzellische Jahrbücher 75 (1947), S. 107
3) Appenzellische Jahrbücher 76 (1948), S.  57

Tags:

Sachquelle, Verkehr, Motorsport, Bergrennen

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