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Titel:

Bericht des schweizerischen Konsuls in Barcelona über das Jahr 1873

Thema: Politik

Ort: Trogen    (Karte anzeigen)

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Datum: 28.05.1874

Standort: Schweizerisches Bundesarchiv

Urheber/-in: Hohl, Johann Ulrich

Beschreibung:

Der Bericht trägt das Datum 28. Mai 1874, betrifft das Jahr 1873, umfasst fünf Seiten und ist im Schweizerischen Bundesblatt 2/35 (1874) erschienen.

Konsul Hohl fasst in seinem Bericht die wichtigsten Ereignisse in Barcelona im Jahre 1873 zusammen. Bereits im Winter liess das Wetter eine gute Ernte erhoffen, was sich denn auch bewahrheitete. Die Ernteerträge in Zentraleuropa fielen nicht ganz so gut aus, was die Exportgewinne durch den Getreidehandel dementsprechend ansteigen liess.

Daneben hielten die Konflikte der Regierung mit den Carlisten (Anhänger einer monarchistischen Bewegung in Spanien) auf der einen Seite und den Kantonalrepublikanern auf der anderen Seite an. Die anhaltend instabilen politischen Verhältnisse verhinderten weitgehend eine positive wirtschaftliche Entwicklung sowie den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und belasteten zudem den spanischen Finanzhaushalt. Des weiteren beschwerte sich Hohl über das allgemein wenig fortschrittliche Bankwesen und das Fehlen von Papiergeld: "[...] obschon der Finanzminister Juan Tutan letztes Jahr Alles vorbereitete, um Spanien mit Papiergeld zu versehen: er machte sich aber dadurch bei allen Parteien unbeliebt und musste zurücktreten." 

Wie bereits in den vorangegangenen Jahren wurden in Barcelona aus der Schweiz insbesondere St.Galler- und Appenzeller-Artikel ("glatte, faconnirte und gestickte Mousselines") sowie gewobene Tücher, Seidengewebe und schwarze Stoffe aus St.Gallen, Glarus und Zürich eingeführt. Hohl wusste ausserdem das Folgende zu berichten: "Da der grösste Theil der Grenzjäger zur Verfolgung der Karlisten verwandt wurde, haben die Contrebandiers [Schmuggler] ihr Geschäft schwungvoll betrieben, was ein Verlust mehr für den Staat ausmacht."

Geschichte:

Gleich zu Beginn des Jahres 1873, am 10. Februar, dankte Amadeus I. als König von Spanien ab. Nur einen Tag später wurde die erste spanische Republik ausgerufen, die insbesondere den Kampf gegen die Carlisten erbittert weiterführte. Es folgte ein drei Jahre andauernder Bürgerkrieg, der in Katalonien und Navarra - den ursprünglichen Keimzellen des carlistischen Aufstandes - besonders intensiv ausgetragen wurde. Erst im Februar 1876 gelang es dem neu eingesetzten Monarchen Alfons XII. - Sohn von Isabella II. - die Carlisten zur Kapitulation zu zwingen.

Johann Ulrich Hohl - auch Juan genannt - wurde am 28.2.1833 in Trogen als Sohn des Textilfabrikanten und Landeszeugherrn Johann Jakob Hohl und der Elisabeth geb. Sturzenegger geboren. Nach dem Besuch der Kantonsschule in Trogen besuchte er die höhere Stadtschule in Lausanne und wurde anschliessend zum Weber ausgebildet. Durch die Vermittlung Salomon Zellwegers gelangte der junge Hohl zu diesem Zweck 1852 nach Barcelona, wo er kurze Zeit später das Geschäft seines ehemaligen Lehrmeisters übernahm. Acht Jahre später ehelichte er am 15. März 1860 Sophie Katharina Mösle aus Gais. In den folgenden Jahren erlangte Johann Ulrich Hohl als Kaufmann und Konsul (1865-1890) in Barcelona hohes Ansehen. Daneben war er ein engagiertes Mitglied der protestantischen Gemeinde und der Schweizerischen Hilfsgesellschaft in der spanischen Hafenstadt. Er setzte sich während seines gesamten Spanienaufenthaltes stark für die Kultusfreiheit der Protestanten ein und war stets seiner Heimat verbunden geblieben. Im Alter von nur 57 Jahren verstarb er während eines Besuchs im Appenzellerland am 15.8.1890 an einem Schlaganfall in der "Krone" in Trogen.

Neben Johann Ulrich Hohl waren zwischen 1800 und 1930 17 weitere Appenzeller im konsularischen Dienst der Schweiz tätig, und zwar als Konsuln, Vizekonsuln, General- oder Handelskonsuln in Asien (Batavia/Java, Manila/Philippinen), Amerika (St.Louis/USA, Mexiko-Stadt, Guadalajara/Mexiko, Valparaiso/Chile, Pernambuco/Brasilien, Bahia/Brasilien, Montevideo/Uruguay) und Europa (Tiflis/Russland, Genua, Lissabon, Lyon, Nizza, Budapest). Sie tragen Appenzeller Namen wie Altherr, Buff, Hohl, Preisig, Schläpfer, Sonderegger, Sutter, Zellweger und Zürcher (Liste bei Witschi, Appenzeller in aller Welt, S. 242). 

Autorin: Leandra Naef, Trogen

Chronologie:

1868 Sept. Abdankung Isabella II.

1868 - 1871 Übergangsregent General Francisco Serrano Dominquez

1870 Okt. - Dez. Gelbfieber-Epidemie in Barcelona

1871 Jan. Krönung Amadeus I. (Amadeus von Savoyen, Herzog von Aosta)

1872 Ausbruch des dritten Carlistenkrieges

1873 Feb. Abdankung Amadeus I.

1876 Feb. Kapitulation der Carlisten und Wiedervereinigung unter Alfons XII.

Literatur:

Fuchs, Thomas: Hohl, Johann Ulrich. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 01.02.2005. http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D15075.php (19.08.2010)

Hohl, Johann Ulrich: Bericht des schweiz. Konsuls in Barcelona (Hrn. Johannes Hohl, von Trogen) für das Jahr 1873. In: Bundesblatt 2/35 (1874), S. 613-618.

K., R.: Juan Hohl, Kaufmann und schweizerischer Konsul in Barcelona. In: Appenzellisches Jahrbuch (1891), S. 136-139.

Koller, Ernst H. und Signer, Jakob: Appenzellisches Wappen- und Geschlechterbuch. Bern 1926, S. 139f.

Valle-Inclán, Ramón Maria del: La guerra carlista. Madrid 1993.

Witschi, Peter: Appenzeller in aller Welt. Auswanderungsgeschichte und Lebensschicksale. Herisau 1994, S. 242.

 

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