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Titel:
Mord auf dem Säntis
Thema: Leute
Ort: Säntis (Karte anzeigen)
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Datum: --.--.1922
Masse: 14,0 x 8,8 cm
Standort: Museum Appenzell, Inv.-Nr. 17275
Urheber/-in: Heinrich Haas
Beschreibung:
Die Postkarte zeigt eine Frau mit Hund vor den Wetterstationen auf dem Säntisgipfel. Es handelt sich um die Ehefrau des Wetterwarts Haas, Maria Magdalena, und den gemeinsamen Hund des Paares.
Am 22. Februar 1922 wurde das Ehepaar Haas von Gregor Anton Kreuzpointner auf dem Säntis erschossen: Maria Magdalena in der Wohnstube, Josef Heinrich auf dem Gipfel neben dem Windmesserhäuschen. Als man einige Tage später die Toten fand, war die Wohnung der beiden ziemlich verwüstet. Wie sich später herausstellen sollte, handelte es sich aber nicht um Spuren eines Kampfes zwischen Kreuzpointner und Maria Magdalena, die Unordnung stammte vielmehr von deren Hund. Dieser war von Kreuzpointner angebunden worden, nachdem er Maria Magdalena erschossen hatte, konnte sich aber später losreissen und wütete im Wohnzimmer.
Geschichte:
Im Jahr 1919 konnte Josef Heinrich Haas (1886-1922) seine Stelle als sechster Wetterwart einnehmen und zusammen mit seiner Ehefrau Maria Magdalena Haas (1891-1922), genannt Lena, auf den Säntis ziehen. Zu dieser Zeit gab es noch keine Luftseilbahn. Folglich waren die Wetterwarte in den Wintermonaten oft völlig auf sich alleine gestellt. Für die Stelle als Wetterwart gab es dennoch andere Bewerber, unter ihnen auch Gregor Kreuzpointner, der spätere Mörder des Ehepaars Haas, der als lediger Mann für den Posten als Wetterwart nicht in Frage kam.
Kreuzpointner machte sich Mitte Februar 1922 auf den Weg zum Säntis. Gescheitert in seinem Geschäft und verlassen von seiner Verlobten, als «ein Mann ohne Perspektiven, total am Boden zerstört», so die Historikerin Angelika Wessels. Er beging trotz höchster Lawinengefahr den Aufstieg zum Säntis. Oben angekommen musste er zwangsläufig fünf Tage vom Ehepaar Haas als Gast aufgenommen werden und wollte offenbar, dass diese seinen Besuch verschwiegen. Lena Haas sprach über den internen Telefondraht mit dem Säntisträger Rusch in Schwende. Als vom Säntis her keine Wettermeldungen mehr eintrafen, machte sich Säntisträger Rusch pflichtgemäss auf den Weg zum Säntisgipfel und fand dort am 25. Februar 1922 die beiden erschossenen Eheleute: Zuerst Lena, die leblos im Stübchen der Wetterwarte lag, dann Heinrich auf dem Gipfel neben dem Windmesserhäuschen. Vom Mörder vorläufig keine Spur. Da man nicht wusste, welcher Kanton für diese beiden Mordfälle zuständig war – die Kantone St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden treffen auf dem Säntisgipfel aufeinander – beteiligten sich Polizisten aus allen drei Kantonen an der Untersuchung des Tatortes. Es stellte sich später heraus, dass Heinrich genau auf der Grenzscheide der drei Kantone lag.
Kurz darauf entdeckten Teilnehmer des Bergungskommandos Spuren von Telemark-Schwüngen, die zur Meglisalp hinabführten. Spätestens als Kreuzpointner den identifizierten Trachtenschmuck von Lena Haas verhökert hatte, wurde die Beweislast gegen ihn drückend. Am 4. März 1922 fand man ihn erhängt in einem Stall unterhalb der Schwägalp.
Bis heute gibt es viele Leerstellen bei der Rekonstruktion des Säntis-Mordes. So sind beispielsweise die Motive von Kreuzpointner nicht restlos geklärt. Diese Leerstellen haben dazu geführt, dass sich Mythen um den Säntis-Doppelmord zu ranken begannen und das Geschehen die Leute bis heute beschäftigt. So ist in jüngster Zeit auch eine Oper zum Thema geschrieben worden. „Mord auf dem Säntis“ wurde am 4. Juni 2011 auf dem Säntisgipfel uraufgeführt – und kehrte damit zum Tatort zurück.
Autorin: Katharina Merian, Speicher
Chronologie:
1882 Inbetriebnahme einer einfachen, aber permanenten Beobachtungsstation auf dem Säntis
1887 Inbetriebnahme des Observatoriums auf dem Säntis als eine der höchsten Wetterstationen auf dem Säntis
1919 Als sechster Wetterwart zieht Heinrich Haas mit seiner Ehefrau auf den Säntis
1922 Ermordung des Ehepaars Haas
Literatur:
Kamber, Werner: Verlierer ermordet Strahlemann. Unbekanntes zum bekannten Säntismord - Referat von Angelika Wessels. In: Appenzeller Zeitung Nr. 144 (2002), S. 56.
Meier, Bruno: Säntiswetter. Freuden und Leiden der Wetterwarte auf dem Säntis 1880-1970. Herisau 1996.
Meier, Bruno: Vor 75 Jahren: Doppelmord auf dem Säntis. In: Appenzeller Kalender (1997), S. 85-87.
Steiger, Wolfgang: Mit Telemark-Schwüngen ins Tal geflohen. Vor achtzig Jahren: Der Mord an Heinrich und Maria Magdalena Haas im Observatorium auf dem Säntis. In: Appenzeller Zeitung Nr. 42 (2002), S. 35.
Surber, Peter: Licht ins Morddunkel. In: Appenzeller Zeitung Nr. 90 (2011), S. 9.
Tags:
Fotografie, Postkarte, Säntis, Mord, Wetterstation, Oper
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