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Titel:

Totengedenktafel für Landammann Johann Conrad Fässler

Thema: Leute

Ort: Appenzell    (Karte anzeigen)

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Datum: --.--.1784

Masse: 130 x 90 x 10 cm

Standort: Museum Appenzell Obj. F 462

Urheber/-in: Carl Anton Eugster

Beschreibung:

Totengedenktafel (Epitaph) für Landammann Johann Conrad Fässler (1707-1783). In der oberen Bildhälfte Maria mit Jesuskind, Bischof und Kapuzinerpater. Darüber Gottvater mit Taube als Symbol für den Heiligen Geist. Interessant ist das Bild vor allem durch die darunter liegende Darstellung der Familie Fässler. Ganz links der Landammann selbst. Das Kreuz über seinem Kopf besagt, dass er verstorben ist. Daneben seine ebenfalls verstorbene erste Ehefrau und auf diese folgt die noch lebende Tochter aus erster Ehe. Darunter sind zwei Wickelkinder mit Kreuzchen zu erkennen. Dabei handelt es sich um zwei tot geborene oder sehr früh verstorbene Kinder der ersten Gattin. Die vierte der erwachsenen Personen ist die zweite (noch lebende) Ehefrau des Landammanns und auf sie folgen ihre zwei Töchter. Darunter befinden sich insgesamt elf Wickelkindchen mit Kreuzen, allesamt tot Geborene oder früh Verstorbene der zweiten Gattin.

Zu unterst in einem breiten Medaillon die Inschrift: "Hier ligt begraben der hochgeachte, hoch wohl edell gebohrne Herr Johan Conradt Fäsler, gewester Landtsfändrig 10 jahr, Landts Hauptman 11, Statthalter 11, Landtamman 6 jahr. Starbe den 15. Herbstm. 1783, morgen zwischen 7 u. 8 uhr, seines Alters 76 jahr. Sein erste Ehefrau Maria Elisabeta Sutterin selig, sein zweite Ehefrau Maria Barbara Ströulin." In der Mitte über dem Medaillon das Wappen Fässler, links das Wappen Sutter und rechts das Wappen Streule. Zwischen Medaillon und Streule-Wappen die Signatur des aus Oberegg stammenden Künstlers Carl Anton Eugster (1713-nach 1784) "C A:Ö, Mahler 1784".

Geschichte:

Johann Conrad Fässler war 1739-48 Innerrhoder Landesfähnrich, 1748-59 Landeshauptmann, 1759-70 Statthalter sowie 1775-78 und 1780-82 regierender Landammann. Zwischen 1775 und 1777 vertrat er Appenzell Innerrhoden an sieben Tagsatzungen und 1777 am Bundesschwur mit Frankreich. Fässler war eine der Hauptfiguren im so genannten "Sutterhandel", welcher Appenzell Innerrhoden während Jahrzehnten bewegte. 1760 kandidierte er erfolglos gegen Anton Joseph Sutter in der Wahl zum Landvogt im Rheintal und wurde schliesslich dessen Erzfeind. Nach der widerrechtlichen Absetzung Sutters 1775 als Landammann trat er dessen Nachfolge an. Fässler erscheint als typischer Vertreter der "aristokratischen" Häupterfamilien, der seine Machtposition auch gegen das von der Landsgemeinde gegebene Demokratieverständnis durchzusetzen versuchte.

Die Totengedenktafel befand sich wie eine ganze Reihe weiterer solcher Epitaphe im 1857 abgebrochenen Beinhaus auf dem Friedhof Appenzell. Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert war es unter wohlhabenden patrizischen Familien üblich, zur Erinnerung an verstorbene Verwandte bemalte Holztafeln aufzuhängen oder Gedenksteine aufzustellen. Im Unterschied zu eigentlichen Grabmälern brauchten Epitaphe nicht unmittelbar über dem Grab der Verstorbenen angebracht zu werden. Totengedenktafeln sind wichtige Zeugnisse für die lokale Kunstmalerei und die Entwicklung der Trachten. Vor allem aber können sie eindrückliche sozialgeschichtliche Einblicke vermitteln. Wie das vorliegende Beispiel auf erschreckende Art zeigt, waren auch besser gestellte Familien oft von einer dramatisch hohen Kindersterblichkeit betroffen. Die Mehrheit der Kinder wurde bereits tot geboren, wobei die werdende Mutter oft gleich mitverstarb, oder sie überlebten die ersten zwei Lebensjahre nicht. Darum ist für das Ancien Regime von einer mittleren Lebenserwartung von 40 bis höchstens 50 Jahren auszugehen. Leute, welche die Kindheit überlebten, konnten jedoch durchaus ein höheres Alter erreichen. Der mit 76 Jahren verstorbene Landammann Fässler bildet durchaus keine Ausnahmerscheinung.

Autor: Stephan Heuscher

Literatur:

Bischofberger, Hermann: Fässler, Johann Konrad. In: HLS. Version 22.12.2010. URL: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D18862.php (10.07.2013)

Fischer, Rainald: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Innerrhoden. Basel 1984 (Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Bd. 74), S. 226

Koller, Ernst H., Signer, Jakob: Appenzellisches Wappen- und Geschlechterbuch. Bern, Aarau 1926, S. 86

Tags:

Bevölkerung, Appenzell, Gemälde, Innerrhoden, Tod, Totengedenktafel, Epitaph, Lebenserwartung

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