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Titel:
Blockgefängnis im Rathaus Appenzell
Thema: Politik
Ort: Appenzell (Karte anzeigen)
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Datum: --.--.1570
Masse: 184 x 227 x 490 cm
Standort: Museum Appenzell Inv. Nr. 1201/1202
Urheber/-in:
Beschreibung:
Blockgefängnis in massiver Strickbauweise. Über der rechten Türe eingekerbtes Zimmermannszeichen 'M MM' und Jahreszahl 1570. Der Holzkasten mit zwei Zellen bildet sozusagen einen Raum im Raum und befindet sich seit dem 16. Jahrhundert im Dachgeschoss des Rathauses Appenzell. Vergitterte Fenster lassen wenig Licht in die beiden düsteren Räume, in denen nur klein gewachsene Personen aufrecht stehen können. In erster Linie wurden darin Untersuchungshäftlinge untergebracht. Durch Klappen erhielten die Gefangenen Nahrung und Wasser hineingereicht. In der rechten Zelle finden sich eingekratzte Inschriften von Häftlingen aus den Jahren 1725, 1825 und 1925.
Geschichte:
Die Dachgeschosse des historischen Rathauses Appenzell wurden bis 1956 zur Unterbringung von Häftlingen genutzt. Dabei kamen auch die alten Blockgefängnisse aus dem 16. Jahrhundert zum Einsatz, obwohl sie eigentlich nicht mehr zumutbar waren. Für die Betreuung der Gefangenen war der Innerrhoder Landweibel zuständig, dessen Dienstwohnung sich im zweiten Obergeschoss des Rathauses befand. Der Weibel war somit Hausabwart, Verwaltungsbeamter und Gefängswärter in Personalunion. Seiner Ehefrau oblag die Verpflegung der Inhaftierten. Erst mit dem Bau der 'Neuen Landeskanzlei' 1956 wechselten Wohnung und Arrestzellen vom Rathaus ins Dachgeschoss des benachbarten Verwaltungsgebäudes. Schon seit 1954 betreute ein Polizeibeamter die Arrestanten.
Neben dem beschriebenen Blockgefängnis bestand im Dachgeschoss des Rathauses ein zweites von identischer Bauart, das allerdings nicht ins Museum Appenzell integriert wurde. Diese Art von Gefängnissen diente der Unterbringung von Untersuchungshäftlingen oder zur Verbüssung von kurzzeitigen Arreststrafen. Der Strafvollzug war im Ancien Régime noch in erster Linie auf Ehrenstrafen (Pranger usw.) ausgerichtet. Langzeitige Haftstrafen zur 'Besserung' der Delinquenten sind hingegen eine Neuerung des 19. Jahrhunderts. Im zweiten Obergeschoss des Rathauses befand sich bis 1861 auch die so genannte Reichskammer, in der die peinlichen Verhöre durchgeführt wurden. Johann Baptist Mazenauer, der Geliebte der Mörderin Anna Koch, erlitt hier als letzter Mensch im Kanton 1849 die Folter. Gefangene, die aus untersuchungstaktischen Gründen nachsichtiger behandelt werden sollten, wurden bis 1850 ins "Stöbli' eingesperrt, einer verschliessbaren Kammer, welche Teil der Landweibelwohnung war.
Autor: Stephan Heuscher, Appenzell
Literatur:
Bischofberger, Hermann. Rechtsarchäologie und rechtliche Volkskunde des eidgenössischen Standes Appenzell Innerrhoden. Ein Inventar im Vergleich zur Entwicklung anderer Regionen. 2 Bde. Appenzell 1999 (Innerrhoder Schriften, Bd. 8), S. 426-437
Tags:
Appenzell, Justiz, Landweibel, Innerrhoden, Untersuchungshaft, Strafvollzug, Rathaus
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