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Titel:
Ältestes Jahrzeitbuch von Appenzell
Thema: Leute
Ort: Appenzell (Karte anzeigen)
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Datum: --.--.1566
Masse: 42 x 31,5 x 6
Standort: Landesarchiv Appenzell Innerhoden: Pfarrarchiv Appenzell B 6.1.01.01f
Urheber/-in:
Beschreibung:
Ältestes Jahrzeitbuch der katholischen Pfarrei St. Mauritius Appenzell aus dem Jahre 1566. Lederbezogene hölzerne Buchdeckel mit Messingbeschlägen. Das Buch umfasst 68 Pergamentblätter, an die 19 Papierblätter anschliessen. Auf Folio 1r (Foto 2) befindet sich ein Gedicht des Schreibers Bartholome Dähler, das auf humoristische Weise die Entstehung des Buches schildert. Den Hauptteil bildet eine Art Kalender, in den die Geistlichen die Namen der Personen eintrugen, für die Totenmessen gelesen werden mussten. Jeder Monat ist mit einer grossformatigen, farbigen Initiale eingeleitet. Januar (Foto 3) und Juli (Foto 4) sind Beispiele der hohen Schreibkunst Dählers.
Geschichte:
Unter einer Jahrzeit versteht man einen Gedächtnisgottesdienst für Gläubige, die der Kirche Vermögenswerte gestiftet oder die sich in irgendeiner Weise in der Öffentlichkeit verdient gemacht hatten. Da sich die Zahl dieser Messen im Laufe der Jahrhunderte stark vermehrte, wurde es notwendig, sie in einem speziellen Buch aufzuschreiben, damit sie nicht vergessen gingen. Ein Jahrzeitbuch ist dementsprechend wie ein grosser Jahreskalender aufgebaut. Für jeden Tag ist reichlich Platz vorhanden, um die Namen der Jahrzeiter zu notieren. In der Appenzeller Pfarrei St. Mauritius gab es bereits im Mittelalter ein solches Verzeichnis. Dieses wurde allerdings beim grossen Dorfbrand von 1560 zerstört. Deshalb legte der Schulmeister und spätere Landammann Bartholomäus Dähler im Auftrag von Pfarrer Erhard Jung sowie Kirchenpfleger und Landammann Joachim Meggeli 1566 ein neues Jahrzeitbuch an. Besondere Bedeutung kommt dem Werk zu, weil sich in ihm die älteste Schilderung des Todes von Nationalheld Ueli Rotach findet, dessen Jahrzeit am 14. September gefeiert wurde. Der Eintrag lautet:
29 "Die sind umkomen im Rintall am Stoss: Hensli Duple und Uli Rottach, ist
30 der Uli Rottach, den die fiend an dem gaden hand verbrent, sunst hand
31 sy in nüd mögen umbringen; yren zwölff sind an ym gsin, us deren hatt
32 er gutt thaill erleitt."
Zu bedenken ist allerdings, dass diese Darstellung nicht in der Zeit der Schlacht am Stoss selbst geschrieben wurde, sondern rund 160 Jahre später. Wieviel an historischen Fakten sie schildert bzw. wieviel Ausschmückung und Übertreibung im Verlaufe der mündlichen Überlieferung bis dahin dazu gekommen sind, wissen wir nicht. Es ist deshalb nicht möglich, abschliessend zu sagen, ob es Uli Rotach gegeben hat oder nicht.
Autor: Stephan Heuscher, Appenzell
Literatur:
Gisler, Johannes: Das älteste Jahrzeitbuch Appenzells von 1566. In: Innerrhoder Geschichtsfreund 37 (1995/96), S. 16f.
Fischer, Rainald u.a.: Appenzeller Geschichte. Bd. 1: Das ungeteilte Land. Herisau, Appenzell 1964, S. 163-165
Transkription:
Gedicht des Schreiber Bartholome Dähler über die Entstehung des Jahrzeitbuches (Foto 2):
1 "Nach der Geburt
2 Christi fürwar
3 Gezelt tusend fünfhundert Jar
4 und sechs und sechzig sag ich dir
5 Ist Pfarrherr gsin, solt globen mir
6 In der kilchhöri Appentzell
7 Herr Erhard Jung von Bischofzell
8 Darzuo was er Decanus guot
9 S'capitel hielt er wol in huot
10 von kilchenpfleger ich dir sag
11 Ist Jochim Meggeli vil tag
12 mit trüwen gsin, darzuo beladen
13 Mit des Landtamans ampt on schaden
14 In welchem er doch allezit
15 S'lands lob und eer hatt omhererwit
15 zuo diser Zit ist gschriben worden
16 dis Jahrzitbuoch in guottem orden
17 Durch Bartholomeum Tailer
18 zur selbigen Zit schuolmaister
19 Gott wöll in allen gnedig sin
20 und bhüten vor ewiger pin. Amen."
Tags:
Leute, Appenzell, Textdokument, Messe, Religion, Buch, Glaubensgemeinschaft, Kirche (römisch-katholisch), Innerrhoden, Jahrzeit, Tod
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