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Titel:

Ehregott Lebrecht Schoch: Ein Herisauer in Leipzig

Thema: Leute

Ort: Herisau    (Karte anzeigen)

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Datum: --.--.1843

Masse: 35 x 31 cm

Standort: Privatbesitz Otto Schoch, Herisau

Urheber/-in:

Beschreibung:

Portrait von Ehregott Lebrecht Schoch, Öl auf Leinwand. Davon zeugen insbesondere die detaillierten Gesichtszüge des portraitierten Herisauers: Rote Wangen, tiefe Augenringe, dunkle Spuren des rasierten Bartes, ein ernster, fast trauriger Blick verleihen ihm Ausstrahlung. Dagegen ist seine Kleidung vornehm zurückhaltend: Weisses Hemd, schwarzer Frack, dazwischen eine schwarze Weste mit weissen, sich überlagernden Streifen, um den Hals ein schwarzes Tuch, zur Fliege gebunden. Ebenso schlicht zeigt sich seine Frisur; einzig die Koteletten stechen hervor. Das Gemälde ist gut erhalten. Portraitist und genaue Datierung sind nicht bekannt.

Geschichte:

Das Portrait von Ehregott Lebrecht Schoch (1825-1856) wurde während seines Aufenthalts in Leipzig angefertigt. Wie viele junge Männer reiste der Herisauer Textilkaufmann im Frühsommer 1843 in die deutsche Grossstadt. Anlass zu den vermehrten Auslandaufenthalten oder gar Auswanderungen war vor allem der wirtschaftliche Konkurrenzkampf, der sich im 19. Jahrhundert immer stärker herausbildete. Hinter den Landesgrenzen erhofften sich die Appenzeller eine bessere Ausbildung. So liess sich auch Ehregott Lebrecht Schoch während seiner Zeit in Leipzig (von 1843 bis circa 1848) im Textilhaus Müller zum Textilkaufmann schulen.

In Briefen, die Ehregott Lebrecht Schoch an Familienangehörige und Bekannte seiner Heimatgemeinde sandte, erzählte er von den städtischen Eindrücken und Erlebnissen. Seinem Vater Josua Schoch (1797-1873) beschrieb der Sohn wenige Tage nach Ankunft in Leipzig, wie er mit einem Postwagen über Lindau, Augsburg, Nürnberg und Hof nach Altenburg gelangte und welche Bekanntschaften er dabei schloss. Die „angenehmste Gesellschaft auf der ganzen Reise“ hätte er auf der Fahrt nach Hof kennegelernt, „nämlich einen jungen Reisenden aus Würtemberg, einen Neapolitaner, der ziemlich deutsch sprach, einen Copenhager & einen Bayer“. „Mit dem Neapolitaner“, berichtete der Herisauer, „hatten wir so viel Spass, dass ich jetzt noch lachen muss, wen[n] ich an ihn denke.“
Für die letzte Strecke nahm Ehregott Lebrecht Schoch schliesslich nicht mehr den Postwagen, sondern – als einer der ersten – den Zug: „Wie curios war mir zu Muthe, als ich im Dampfwagen sass! Erst wurde 3mal geläutet, dan[n] gab[’]s auf einmal einen fürchterlichen Pfiff, es fing an zu tosen & zu brausen, & nun bewegte sich die ungeheure Maschine, erst ganz langsam, jetzt etwas geschwinder, etwa wie in einer Kutsche, nur schneller, schneller: Brrrr ---- wie ging das Ding. Eine Stunde später stand ich auf einem freien Platz, sah grosse Gebäude, Thürme etc[.] etc. eine grosse Menschenmasse [und eine] Menge Kutschen, die hin[-] & herfuhren: ich war in Leipzig!“

Was ihm jedoch trotz seiner positiven Eindrücke fehlte, war der Gesang; dies, obwohl Ehregott Lebrecht Schoch in der Musikstadt Leipzig als Dirigent wirkte. „Wie oft habe ich schon für mich gesungen“, schrieb er einem Bekannten. Sein Interesse am Chorleben in der Heimat zog sich durch sämtliche Briefe hindurch. 1850, nach seiner Rückkehr nach Herisau, gründete er denn auch den Männerchor Harmonie, den Vorgängerverein des späteren Harmoniechors.

Autorin: Susanna Schoch, Herisau

Literatur:

Geschichte der Gemeinde Herisau. Herisau 1999.

Rotach, Walter: Die Gemeinde Herisau im Kanton Appenzell A.Rh. Ortsbeschreibung und Geschichte. Herisau 1929, S 667.

Schläpfer, Walter: Wirtschaftsgeschichte des Kantons Appenzell Ausserrhoden. Gais 1984, S. 190-192.

StAAR, Mg.05-04-01 Brieftranskriptionen Ehregott Lebrecht Schoch Leipzig/Herisau 1843-1844.

StAAR, ZFR-02-B02 Familienregister Herisau Bd. II Nr. 312.

Tags:

Herisau, Musik, Gemälde, Chor, Ausbildung, Leipzig, Ehregott Lebrecht Schoch, Porträt, Dirigent, Harmonie, Chorgesang

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