Zeitzeugnisse

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Titel:

Sammelaktie mit der Nr. 5 der AG der Mühlen von Mons Djémila

Thema: Leute

Ort: Heiden    (Karte anzeigen)

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Datum: 02.07.1859

Masse: 28 x 29,5 cm

Standort: Privatbesitz

Urheber/-in: Dunant, Henry

Beschreibung:

Farbe: beige-grau

Originalunterschrift als Administrateur deleguer: J.(ean)Henry Dunant (1828-1910)

Geschichte:

In Europa begann die Zeit der Kolonialisierung. Zwischen 1830 und 1840 besiegten die Franzosen in mehreren Feldzügen Algerien. Nun begann die Umwandlung Algeriens in eine französische Provinz. So wurden französische Siedler ins Land gelockt, wofür Ländereien der arabischen und berberischen Bevölkerung im großen Umfang enteignet wurden. Davon profitierten auch Genfer Banken. Henry Dunant erhielt von zwei Kunden seiner Bank im Jahre 1853 den Auftrag, die Gegend um Setif zu erkunden. Dort sollten 10 Dörfer für Landarbeiter errichtet werden, die aus der Westschweiz nach Algerien kamen, um hier zu arbeiten. Auf weiteren verschiedenen Reisen nach Algerien erlebte er, wie schnell entschlossene Investoren zu Vermögen kamen. 

Durch das Atlasgebirge wird Algerien in zwei völlig unterschiedliche Klimaregionen zerschnitten. Die Gebirgskette ist Teil des West-Massivs in Nordafrika, das beim Aufeinanderprall der europäischen und der afrikanischen Kontinentalplatte entstanden ist. Die Küstenregion nördlich des Atlasgebirges heißt Tell. Deren Westhälfte, bestehend aus Tälern und Ebenen, ist relativ trocken, aber doch fruchtbar. Östlich von Algier, im Umkreis der Städte Constantine und Annaba, wird das Land hügelig und geht bald in Gebirge über, dessen Flussläufe diesen Landstrich zum fruchtbarsten von Algerien machen. Dunant kümmerte sich mit der Bibel in der Hand um die Arbeiter und versuchte ebenfalls, die moslemischen Bewohner für das Evangelium zu gewinnen. Gleichzeitig wollte er Arbeitsplätze schaffen. Er bewarb sich um eine Landkonzession, gründete im Jahre 1858 mit einem wohl recht dubiosen Freund „Die Gesellschaft der 'Mühlen von Mons Djémila' mit einem Grundkapital von 500'000 Schweizer Franken, die, begeben in 1'000 Aktien zu je sFr. 50, aufgelegt wurden und gab den Bau einer modernen Mühle in Auftrag. Hier wollte er Mehl herstellen, um es dann nach Europa auszuführen. Das Anfangskapital borgte er sich bei seinen Verwandten und Bekannten in Genf, die Aktien seiner neuen Gesellschaft zeichneten. Dunant versprach eine Rendite von 10%. Das zuständige Ministerium in Paris allerdings teilte ihm für sein Unternehmen viel zu wenig Land und Wasser zu. Trotz aller Bemühungen – Dunant machte Eingabe um Eingabe, ließ Verbindungen spielen, wurde französischer Staatsbürger und lernte Arabisch – kam er keinen Schritt voran. Nach einer Reise durch Tunis schrieb er 1857 das Buch „Die Regentschaft von Tunis“, in dem er detailliert die aktuelle Geographie, Wirtschaft und Kultur beschrieb. All dieses machte bei den Kolonialbehörden keinen Eindruck und kostbare Zeit ging verloren. Die ersten Dividenden der Aktien wurden fällig und die Gesellschaft warf bisher keine Rendite ab. Aufgrund seiner Probleme mit der Kolonialbehörde in Paris blieb Dunant nur noch die Möglichkeit, sich direkt an Napoleon III. zu wenden. Er schrieb ein neues Buch mit dem Titel: “Das wiederhergestellte Kaiserreich Karls des Großen, oder das Heilige Römische Reich, erneuert durch seine Majestät Kaiser Napoleon III.“ und reiste nach Italien, um bei Napoleon III. vorzusprechen. Dieser befand sich mit seinem Heer in Oberitalien, um Victor Emanuell II, König von Sardinien bei der Vertreibung der Österreicher aus Italien zu unterstützen. Am 24. Juni 1859 erlebte Dunant die Schlacht bei Solferino, die prägend für seine Zukunft wird. Eher zufällig wurde er Zeuge einer der blutigsten Schlachten der Geschichte. Eine Schlacht mit über 40'000 Verwundeten und Toten. Schockiert vom Elend der Opfer und der Hilflosigkeit der Sanitätskräfte reifte in ihm von nun an der Gedanke an eine internationale Hilfsorganisation. Ende Juni reiste Dunant von Castiglione über Mailand, wo er in mehreren Salons Vorträge hielt, zurück nach Genf.
 
Hier kümmerte er sich wieder um seine Algeriengeschäfte und erreichte nun doch die weitere Zuteilung eines zweiten Wasserfalls und zusätzliches, leicht bewässerbares Land. Dafür brauchte er neues Kapital, was das hier angebotene Zertifikat belegt, ausgestellt am 2. Juli 1859; wohl aus Kostengründen wurden die als Recepisse gedruckten Zertifikate durch Umschreibung in „versement integral Aktien“ umgewandelt mit dem handschriftlichen Zusatz: “Bon pour deux Actions entièrement libéreés, = Valeur 1. Juillet!
 
Sein zuversichtlicher Freundeskreis zeichnete nochmals Aktien im Wert von einer halben Million Franken. Dunant schöpfte erneut Hoffnung für sein Algerienprojekt und bewarb sich um weitere Anlagen: Wälder, Steinbrüche, Minen.
 
Gleichzeitig schrieb er seinen Erlebnisbericht "Eine Erinnerung an Solferino". Dieser half ihm, daß auch Staatsoberhäupter auf seine Idee einer Internationalen Hilfsorganisation aufmerksam wurden. Im Jahre 1863 wurde in Genf das Internationale rote Kreuz gegründet und nur ein Jahr später die erste Genfer Konvention erlassen, der zahlreiche Staaten beitraten.
 
Nach Abschluss des zweiten Genfer Kongresses war der Name des „Erfinders“ des Roten Kreuzes in aller Munde. Dunant wurde in Europa gefeiert und Napoleon III. nahm ihn in seine Ehrenlegion auf.
 
So wie das Rote Kreuz immer mehr aufblühte, ging es mit Henry Dunant bergab. Ihn plagten große Sorgen, da seine Algeriengeschäfte stagnierten. Schulden häuften sich auf, Dunant verwickelte sich in dubiose Gründungen von Finanzgesellschaften und riskanten Spekulationen und nahm bei der neu gegründeten Bank Credit Genevois, bei der er im Verwaltungsrat saß, ein großes Darlehen auf. Die Wirtschaftskrise nach dem Deutsch-Österreichischem Krieg setzte seinen hochtrabenden Plänen ein abruptes Ende. Die AG der Mühlen von Mons Djémila geriet in Zahlungsnot und riss weitere, von Dunant gegründete Gesellschaften in den Abgrund, infolge musste auch die Genfer Kreditbank Konkurs anmelden. Dunant wurde zivilrechtlich wegen Betrugs verurteilt und verließ, finanziell total ruiniert, Genf für immer.
 

Die Sammelaktie wurde 2004 im "Auktionshaus Tschöpe, Historische Wertpapiere u. Finanzdokumente", Bruchweg 8, D-41564 Kaarst, für 8500 Euro ausgerufen. Seither ist deren Verbleib unbekannt.

 

Transkription:

Transkription:

Societé anonyme des Moulins des Mons Djémila

Province de Constantine (Algérie) […]

Récépissé provisoire de versement No. 5

[umgewandelt als] fermant le versement integral [zu 2 Aktien je sFr 500]

[eingetragen auf]

Monsieur le Comte Henry de Budé (pour Mad. La Comtesse de Budé) […] Genéve, le 2. Juli 1859

Tags:

Dunant, Henry, Dunant Henry, Urkunde, Aktie, Algerien, Heiden, Genf

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