Zeitzeugnisse

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Bild

Titel:

Kantonsschullehrer im Bild 1933

Thema: Leute

Ort: Trogen

Datum: --.--.1933

Standort: Hotel Krone Trogen (gerahmtes Foto KVT), sowie gedruckt in Mitteilungen des Kantonsschulvereins Trogen Nr.12. 1933/34

Urheber/-in: unbekannter Fotograf

Beschreibung:

„Gruppenbild mit Dame“: 14 Lehrer und eine Lehrerin der Kantonsschule versammeln sich zum Fototermin vor dem erst kürzlich neu gebauten „Roten Schulhaus“. Dass eine Frau als gleichberechtigtes Mitglied des Kollegiums in einer koedukativen, aber vorwiegend von Burschen besuchten Mittelschule unterrichtete, war damals die grosse Ausnahme. In den städtischen Gymnasien unterrichteten damals vorwiegend Professoren, die selber der bürgerlichen, vor allem akademischen Oberschicht entstammten. Deshalb erstaunt es auch, dass die Mehrheit dieser Lehrer in einfachen bäuerlich-handwerklichen Familien aufgewachsen war und - wie in den Nekrologen zu lesen ist - nur dank Gönnern und eigenen Anstrengungen als Werkstudenten zum Studium gelangen konnten. Vielleicht war dies für viele die Motivation, an einer ländlichen Schule arbeiten zu wollen. Und vielleicht sollte dies auch in ihrer Haltung vor dem Fotografen zum Ausdruck kommen: Zwar sind alle Mitglieder in Anzug und Krawatte oder Fliege gekleidet; doch auffällig ist ihre lässige Haltung fern der grossbürgerlichen Etikette: locker entspannte Stellung statt militärisch stramm;  Hände in Hosen- oder Rocktaschen statt diskret auf dem Rücken, wie es der zuvorderst stehende Rektor Wildi am ehesten demonstrierte. Leider ist der konkrete Anlass für die Aufnahme nicht bekannt; es dürfte wohl kein behördlich-offizieller gewesen sein ... 

Die Beschriftung der Fotografie von Hand erfolgte im Rahmen des KVT, wohl zwischen 1995 und 2000.

Geschichte:

Damals - im Gegensatz zu den Gepflogenheiten an heutigen Mittelschulen - hatte jede Lehrkraft einen Übernamen, dessen Ursprung oft nicht mehr bekannt war, der aber dennoch über Schülergenerationen weitergetragen wurde. Ältere „Vulgonamen“ („vulgo“, latein. „volkstümlich“, „allgemein gebräuchlich“) dienten seit dem Spätmittelalter der Unterscheidung von Sippen mit dem gleichen Familiennamen. Als Übernamen bei Lehrern sind es vermutlich Anpassungen an die in den Studentenverbindungen des 19. Jahrhunderts üblichen „Couleurnamen“, die bis heute geblieben sind. Vulgonamen sind auch in der Pfadfinderbewegung noch üblich.

Fünf oder sechs der abgebildeten Lehrkräfte waren Ausserrhoder, die übrigen stammten aus anderen Kantonen, so wie damals die überwiegende Mehrheit der Schülerschaft auch. Die Kantonsschule Trogen war damals eine ländliche Internatsschule. 1933 zählte sie rund 270 Lernende, darunter etliche Auslandschweizer. Heute zählt die Schule gegen 800 Lernende.

Hans Georg Kasper, Trogen

 

Chronologie:

1804 Bau der Trogener Spinnereifabrik

1805 Inbetriebnahme der Spinnerei

1820 Errichtung des Privatinstituts im ehemaligen Arbeiterwohnhaus der aufgehobenen Spinnerei

1821 Beginn des ersten Schuljahres im Gebäude des „alten Konviktes“ mit 17 Schülern

ab 1845 Finanzierung durch den Kanton, Gymnasialabteilung zur Hochschulvorbereitung

1908 Maturaanerkennung durch die Eidg. Maturitätskommission

1931 Bau des Neuen Schulhauses („Rotes Schulhaus“)

Literatur:

Wikipedia, Stichwort „Kneipname“, http://de.wikipedia.org/wiki/Kneipname (15.10.2014)

Wikipedia, Stichwort „Vulgo“, http://de.wikipedia.org/wiki/Vulgo (15.10.2014)

Mitteilungen des Kantonsschulvereins Trogen. Hefte 1925 bis 1958

Appenzellische Jahrbücher. Hefte 1939 bis 1984, http://retro.seals.ch/digbib/vollist?UID=ajb-001 (15.10.2014)

Zusatztexte:

Die einzelnen Lehrkräfte sind hier kurz charakterisiert (in alphabetischer Reihenfolge):

Bodmer Adolf (1903-1980), (vulgo „Bödi“), aus Stein AR. Selber Gymnasiast in Trogen. Dipl. nat. ETH. Ab 1935 Lehrer für Geographie und Biologie. 1937-48 Prorektor. Ab 1948 Regierungsrat und Lehrer im Teilpensum, 1951 und 1956 Landammann.

Eggenberger Oswald (1890-1959), (vulgo „Schnupper“), aus Buchs SG. Evangelisches Lehrerseminar Schiers. Matura am Hum. Gym. Basel. 1931-55 Gemeindepfarrer in Speicher und gleichzeitig Lehrer für Religion an der Unterstufe und Hebräisch am Gymnasium.

Eugster Arnold (1878-1949), (vulgo „Schnörri“), aus Speicher. Gymnasiast in Trogen. 1902 Lehrer für Deutsch, Latein, Griechisch. Versah auch Gemeindeämter in Speicher und betätigte sich als Lokalhistoriker (Chronik der Gemeinde Speicher). Initiant des Tobler-Denkmals auf der Vögelinsegg.

Eugster Hermann (1893-1984), (vulgo „John“), aus Hundwil. Sohn des bekannten Weberpfarrers Howard Eugster-Züst. Matura in St.Gallen. Studium der Geologie in Bern. 1925 Lehrer für Chemie und Geographie. Verfasser zahlreicher geologischer Werke.

Gubler Heinz (1892-1960), (vulgo „Quax“) aus Herisau. 1927 bis 1957 Lehrer für Latein und Griechisch. Galt als brillanter Linguist. Er hatte auch Musik studiert und gab gelegentlich Freikurse in Musikkunde, denn Musik als Maturitätsfach existierte damals noch nicht. Er war zeitlebens kränklich und verstarb schon drei Jahre nach der Pensionierung.

Hunziker Fritz (1884-1957), (vulgo „Hunz“), aus Zofingen AG. Studium der Romanistik in Bern. 1913 Lehrer für Französisch und Italienisch. Verfasser zahlreicher Lehrmittel für diese Sprachen. Er war sehr aktiv an Schulfesten, dem neuen Medium Film sehr zugetan und betätigte sich auch als Kameramann und Akteur in Stummfilmen der Schule (-> siehe Videos Kantonsschule).

Knellwolf Emil (1890-1976), (vulgo „Knall“), aus Herisau. Lehrerseminar Kreuzlingen. 1913 Sekundarlehrerpatent. 1915 Lehrer für Naturkunde an der Sekundarschule und erster hauptamtlicher Turnlehrer. Er führte die Leichtathletik im Turnunterricht ein (->siehe Videos Kantonsschule) und war Mentor des KVT. 1917 wurde auch der Turnunterricht für Mädchen obligatorisch erklärt.

Kürsteiner, Ella, (vulgo „Küri“). Dr.phil. und Sekundarlehrerpatent in Bern. Unterrichtete an der Unterstufe (U‘gymn./Sek.) Deutsch und Französisch. Sie war Witwe des 1925 früh im Amt verstorbenen Chemielehrers Werner Kürsteiner. Ihr Lehrauftrag begann 1926, weil damals ein Sekundarlehrer plötzlich verstorben war. Ihre Anstellung als Frau auf der Sekundarstufe galt als provisorisch, wurde aber zur Daueranstellung bis 1935, als sie ihren Lehrauftrag kündigte und später Dr. Max Amstein, Arzt in Speicher, heiratete. Sie arbeitete noch als Stellvertreterin für miltärabwesende Kollegen und Hilfslehrerin bis in die 1960er Jahre.

Nägeli Albert (1880-1958), (vulgo „Nagel“), aus dem Kt. Zürich. 1907 Lehrer für Philosophie, Deutsch, Geschichte. Kantonsbibliothekar, Kulturjournalist, Organist. Er schrieb Kunst- und Theaterkritiken, war auch als Aushilfs-Organist gefragt.

Rothenberger Arnold (1881-1972), (vulgo „Rozli“), aus St.Gallen. Matura und Sekundarlehrerpatent in St.Gallen. Studium an der ETH. 1911 Lehrer für Physik und Mathematik. Pionier der Radiotechnik, Mitbegründer der Ostschweizer Radiogesellschaft. Er unterrichtete auch Astronomie und veranlasste den Bau der schuleigenen Sternwarte.

Schmid Otto (1889-1974), (vulgo „Fade“), aus Herisau/Schwänberg. Lehrerseminar Hofwil BE. Fachlehrerausbildung zum Zeichnungslehrer in Bern und München. Er schuf zahlreiche Gebrauchsgrafiken (Vorlagen für Diplome, Covergestaltungen für das KVT-Mitteilungsheft) und auch Kulissen für das Schultheater. Schmid war der Fotograf des Säntis-Panoramas und engagierte sich im Heimatschutz Appenzell Ausserrhoden. Sein künstlerischer Nachlass befindet sich in der Kantonsbibliothek.

Stauber Jakob (1880-1957), (vulgo „Barba“), aus Töss bei Winterthur. Studium an der ETH. 1906 Lehrer für Mathemtik. Er galt als fachlich anspruchsvoll und streng. War kompetenter Berater der Behörden in Versicherungsfragen.

Vodoz Georg, (kein Vulgoname bekannt), war Trogener Gemeindepfarrer und ab 1928 Lehrer für Religion und Hebräisch am Gymnasium. 1934 verliess er Trogen.

Wildi Ernst (1878-1939), (vulgo „Kadi“), aus Huttwil BE. Gymnasium Burgdorf. Dipl. nat. ETH. 1901 Lehrer für Geographie und Biologie. Lange Jahre Rektor bis kurz vor seinem frühen Tod. Während seiner Amtszeit erreichte die Kantonsschule die Matura-Anerkennung. Er gründete auch das staatliche Konvikt, das neben den privaten Schülerpensionen bestand und veranlasste bauliche Erweiterungen der Schule.

Wohnlich Oskar (1883-1958), (vulgo „Storch“, wegen auffallender Grösse), aus Arbon. Lehrerseminar Kreuzlingen, Sekundarlehrerpatent. Studium in Bern (Deutsch, Geschichte). Englischkurse und Studienaufenthalte in Grossbritannien. 1910 Lehrer für Englisch und Deutsch. 1939-48 Rektor. Aktiver Hobbymusiker (Cello und Gesang).

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Fotografie, Trogen, Bildung, Kantonsschule Trogen, Gymnasium, Lehrkräfte

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