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Titel:

Gedenktafel an die fünf Ausserrhoder Opfer des Sonderbundskriegs

Thema: Politik

Ort: Trogen    (Karte anzeigen)

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Datum: --.--.1897

Masse: ca. 40 x 50 cm

Standort: Reformierte Kirche Trogen, Dachstuhl

Urheber/-in:

Beschreibung:

Die Plakette enthält die Namen der einzigen im Sonderbundskrieg gefallenen ausserrhodischen Soldaten J. Eugster, J. Bänziger, J.U. Solenthaler, J.C. Niederer und L. Bruderer. Sie trägt die Daten 1847 und 1897, wurde also anlässlich des 50. Gedenktages hergestellt, und ist "Den Veteranen" gewidmet.

Die Beschriftung links der Plakette trägt die Aufschrift: "Namen der fünf gefallenen Appenzell a/Rhoder | 23. Nov. 1847 | im Sonderbundsfeldzug bei Gislikon, Kt. Luzern."

Geschichte:

Zum Fundort:

In den Dachstöcken von Kirchen und anderen öffentlichen Gebäuden lagert so mancherlei Schönes und Vergessenes. Zufälligkeitsfunde öffnen einem Spuren in andere Welten: Der sogenannte "doppelte liegende Dachstuhl" des Baumeisters Hans-Ulrich Grubenmann ist nur über eine schmale Treppe erreichbar. Die Plakette ist an die Wand einer Kammer über dem Chor geheftet und für alle, die den Dachstuhl erklommen haben, gut ersichtlich. Die Trogener Grubenmannkirche wurde zwischen 1779 und 1782 erbaut.

Zu den gefallenen Soldaten:

1845 schlossen die sieben katholisch-konservativen Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Freiburg und Wallis ein Seperatbündnis, das sie als eine Schutzvereinigung sahen, vor allem zur Wahrung der katholischen Religion und der Kantonssouveränität. Die Liberalen der Eidgenossenschaft sahen in diesem Seperatbündnis jedoch ein illegales Bündnis. Die Krise eskalierte und mündete 1847 in einem Bürgerkrieg, dem Sonderbundskrieg. Der Sonderbundskrieg wurde von General Dufour auf der Seite der eidgenössischen Truppen geführt. Auch der Kanton Appenzell Ausserrhoden (Appenzell Innerrhoden verhielt sich neutral) hatte der Kriegsführung Truppen zur Verfügung gestellt. Ausserrhoden bot zwei Bataillone (Bänziger und Meyer) und eine Kompanie (Bänziger) auf.

Nachdem Freiburg am 14. November 1847 kapituliert hatte, ordnete General Dufour den konzentrischen Angriff auf Luzern an. Am 23. November beim Gefecht bei Gislikon, an dem auch das Bataillon Bänziger beteiligt war, gerieten die Ausserrhoder unter Feuer der Sonderbundstruppen. Der Ausserrhoder Bataillonskommandant Bänziger wurde am linken Oberarm verwundet, weshalb die jungen Ausserrhoder Milizen beim weiteren Vormarsch gegen Gislikon einer anderen Brigade unterstellt wurden. Laut eines anonymen Erlebnissberichts zum Sonderbundskrieg wurden zwei Soldaten so schwer verletzt, dass sie in den folgenden Tagen verstarben. Einer von ihnen muss der auf der Gedenktafel vermerkte J. Eugster gewesen sein. Oberstleutnant Bänziger erklärte in seinen Rapporten den Misserfolg seiner Truppen mit dem Ausgehen der Munition und er wies darauf hin, dass das Bataillon die schwerste und gefährlichste Stellung innegehabt hatte. Der anonynme Erlebnisbericht nennt ausserdem die Gefallenen J. Bänziger, der einer Brustverletzung erlag, und J. C. Niederer von Lutzenberg, der an den Folgen einer Fussamputation nach der Schlacht von Gislikon starb. Der ganze Ausserrhoder Sonderbundfeldzug hatte 5 Tote zu verzeichnen: J. Eugster, J. Bänziger, J. U. Solenthaler, J. C. Niederer und L. Bruderer und 26 Verwundete.

Autorin: Nina Sonderegger, Speicher

Chronologie:

1845 Seperatbündnis von Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Freiburg und vom Wallis

1847 Bürgerkrieg / Sonderbundskrieg

1848 erfolgte eine Bundesrevision nach liberal-radikalen Programm. Die Mehrheit der Kantone nahm in Volksabstimmungen die neue Bundesverfassung an. Damit wurde der Bundesvertrag von 1815 aufgelöst.

Literatur:

Erlebnisse des Bataillons Bänziger im Feldzuge gegen den Sonderbund vom 24. Okt. – 24. Dez. 1847, Trogen 1848.

Roca, René: Sonderbund. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 16.08.2010. http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D17241.php (24.01.2012).

Schläpfer, Walter: Appenzeller Geschichte, Bd. II. Appenzell Ausserrhoden von 1597 bis zur Gegenwart. Herisau 1972, S. 426f.

Transkription:

Erlebnisse
des
Bataillons Bänziger
im
Feldzuge gegen den Sonderbund
vom 24. Okt. – 24. Dez. 1847

[…]

Endlich Montags (22. Nov.) kam der längst erwartete
Befehl zum Aufbruch; wir sollten über Au und Meienberg
nach Oberrüti, also hart an die Grenze von Zug und Luzern
vorrücken, und allgemein wusste man, dass nun der Einmarsch
in letztern Kanton erfolgen sollte, bei welchem wir auf har=
ten Widerstand gefasst sein mussten; dennoch waren die Mei=
sten froh, einmal aus der eben so langweiligen als müh=
seligen Lage im Freiamt herauszukommen.

Den Abend und die Nacht hindurch füllte sich das ganze
Dörfchen und seine Umgegend mit eidgenössischene Truppen;
es war eine mondhelle, kühle, äusserst unruhige Nacht, in
welcher von Einquartirung und Schlaf gar keine Rede war.
Dienstags (23.Nov.) Morgens 5 Uhr, noch beim Lichte des
Vollmonds, sammelte sich unser Bataillon auf dem Hügel
beim Pfarrhaus, von wo wir als Avantgarde dieses Tages
vorausgesandt wurden. […] während nah und fern
bereits ein lebhaftes Kanonenfeuer uns anzeigte, dass die
eidgenössischen Truppen schon an verschiedenen Orten auf
Sonderbündler gestossen seien. Da auf einmal, als wir
auf einem etwas ebneren Striche Feldes mit grünender
Herbstsaat angelangt waren, fanden auch wir uns in
den Kampf gezogen; denn aus der ob uns den Rücken
des Berges deckenden Waldung sandten die Unterwaldner
Scharffschützen einen dichten Kugelregen auf uns und das
uns begleitende Zürcherbataillon Fäsi; hier schon, bald nach=
dem wir in’s Feuer gekommen waren, sahen wir unsern
Oberst, am Arm verwundet, wegführen.
[…] Der Kampfplatz selbst mitten in allem Kugelregen ist doch
nicht der rechte Ort weder für den Arzt zur Besorgung der
 Wunden, noch für den Feldprediger mit seiner Predigt oder
Schreiberei; selbst die Herren vom kleinen Stabe werden
schwerlich im Gefechte selbst viel zu flicken haben. Das Ein=
zige, was sich darbot, war: die Verwundeten wegzubringen,
oder die bloss vermeintlich Blessirten, deren es auch etwa gab,
zurückzuweisen in die Reihen. So brachten wir dann die
Getroffenen in ein nahes Bauernhaus, das nur durch ein
kleines Gehölz vom Kampfplatze getrennt war und wo die
vorhandenen Aerzte ohne Rücksicht auf Bataillonsnummer
oder Kanton besorgten, wer verwundet war. Auf Leiterwa=
gen mit Stroh wurden dann, ebenfalls Appenzeller und Zür=
cher durcheinander, nach Dietwil und von dort in beque=
mern, best eingerichteten Wagen noch nach Muri geführt, wo
schon Tags darauf unser Bänziger, der durch die Achsel
in die Brust getroffen war, an seiner Wunde starb.

Unsere Jägerkompagnie hatte gleich nach dem Uebergange
des Bataillons über die Reuss uns verlassen und sich weiter
links am Berge hinaufziehen müssen, wo sie ebenfalls bald
auf den Feind stiess, und namentlich einmal, als sie eben
in einem Hohlwege dichter beisammen war als sonst, von
einem lebhaften Feuer begrüsst wurde, so dass fast im glei=
chen Augenblicke drei Soldaten verwundet wurden. Einer
von diesen, Niederer von Lutzenberg, durch den Fuss ge=
schossen, wurde zwar später in Aarau amputirt, starb aber
bald hernach.
Unterdessen rückten unsere Truppen, alles Widerstandes
ungeachtet, langsam, aber entschieden vorwärts, und zwar
nun mehr über Honau der Riederung zu gegen Gislikon,
dessen Schanzen von der eidgenössischen Artillerie beschossen
wurden. Dort erneuerte sich der Kampf besonders mit aller
Hartnächigkeit; Salis=Soglio auf Seiten der Luzerner, Oberst
Ziegler bei uns, führten selbst, alle Gefahr verachtend und
voranstehend, einander gegenüber das Kommando. Unser
Bataillon stand bei einer Solothurnerbatterie, welche noth=
leidend retiriren musste, aber von einer Berner Zwölfpfünder=
haubitzenbatterie ersetzt wurde. Ihre Kartätschen namentlich
brachten den sonderbündlerischen Bataillonen und Schanzen
solchen Schaden, dass sie endlich wichen und Gislikon in die
Hände der Eidgenossen fiel. Aber wie das uns begleitende
Zürcherbataillon, so hatte auch das unsrige den Sieg theuer
erkaufen helfen; denn gegen 30 unserer Soldaten wurden
verwundet, von denen 2 schon in den folgenden Tagen,
2 andere später ihren Wunden erlagen.
[…] In der Meinung, von meinem Besuche beim sterbenden
Eugster in Dietwil dem Bataillon nachzueilen, kam ich,
ohne dasselbe unterwegs unter all den unabsehbaren Zügen
einmarschirender Truppen anzutreffen, in die Stadt und
konnte dort das Gewühl ein= und durch= und abziehender
Bataillone besser mit ansehen […].

Tags:

Appenzell Ausserrhoden, Krieg, Militär, Sonderbund, Trogen, Kirche (evangelisch), Sonderbundskrieg, Gedenktafel, Jubiläum, Veteranen, Soldaten

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