Zeitzeugnisse

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Titel:

Eine Kur für Leib und Seele

Thema: Leute

Ort: Herisau    (Karte anzeigen)

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Datum: 03.10.1910

Masse: H 21 x B 13.5 cm

Standort: Staatsarchiv Appenzell Ausserrhoden, Ms. 363

Urheber/-in: Briefvorlage von Orell Füssli, Zürich

Beschreibung:

Ein handschriftlich verfasster Brief auf Briefpapier vom Kurhaus Heinrichsbad in Herisau. Der Briefkopf auf der Frontseite zeigt eine grafische Ansicht des Kurhauses sowie der Villa Tanneck. Darunter sind feine Schreiblinien gedruckt.
 

Geschichte:

Die Witwe Diem bedankt sich 1910 in dem Brief bei ihrem Pfarrer, wohl Nathanael Hauri in St. Gallen, dass er ihr zur Kur im Herisauer Heinrichsbad verholfen hat. Dass er sie gerade ins Heinrichsbad schickte verwundert nicht, da die Kuranstalt den Ruf einer heilsamen und wohl tuenden Einrichtung genoss, welche die christlichen Werte und Grundsätze besonders pflegte.

Ab 1666 entstand im Osten von Herisau, im Moosberg, eine grosse Bleicherei. Das ehemals sumpfige Terrain wurde trockengelegt und das reichlich fliessende Wasser in einem Teich gesammelt. Dabei wurden mineralienreiche Quellen entdeckt, die sich zu Heilzwecken nutzen liessen. Vorerst wurden nur Badekuren in einfachen Zuber von dort ansässigen Privatpersonen angeboten. 1797 kaufte ein vermögender Herisauer die Liegenschaft, auf der die heilende Quelle entspringt, um eine grössere Badeanstalt zu erstellen. Die Idee ging jedoch in den Wirren um die Helvetik unter. Heinrich Steiger, ein gebürtiger Flawiler der sich in Herisau zum vermögenden Fabrikanten mauserte, griff das Vorhaben wieder auf und baute 1824 das nach ihm benannte Heinrichsbad mit einem grossen Querbau und mehreren Nebenhäusern. Es gab neben einem 200 Fuss langen Speisesaal für 120 Gäste auch Tanzsäle und Gesellschaftsräume. Die wohltuenden Bäder und Trinkkuren mit Wasser der Heinrichsbader Quellen wurden mit Molke- und Milchkuren ergänzt. Noble Gäste liessen das Heinrichsbad rasch zu einem Aufenthaltsort werden, wo jeder gern gesehen wurde. Heinrich Steiger verkaufte das Heinrichsbad 1839 der Zürcher Familie Nägeli, denen aber der zunehmend lockere Umgang und das zügellose Benehmen der Gäste ein Dorn im Auge war. Die Übernahme des Heinrichsbades 1873 durch eine religiös gesinnte Aktiengesellschaft leitete die Wende zu christlichen Grundsätzen ein. „Edle“ Männer führten die Kur- und Erholungsanstalt auf Basis einer strengen christlichen Hausordnung und waren auf niedrige Pensionspreise bedacht. Die neue Ausrichtung stellte sich als anziehend heraus. Die Anzahl Betten musste erhöht werden und zu den Temporärgästen gesellten sich auch immer mehr Dauergäste. Die Heil- und Kuranstalt wurde wohnlicher eingerichtet, modernisiert und vergrössert. Viel Wert wurde auf bekömmliche und schmackhafte Verpflegung gelegt. Die Küche bot ab 1878 Kochlehrstellen an und kurz darauf fanden auch mehrwöchige Koch- und Haushaltungskurse für junge Mädchen statt, welche schweizweit einen sehr guten Ruf genossen haben.

Autorin: Ursula Butz, Herisau

Chronologie:

1666 Trockenlegung des Gebietes Moosberg und Entdeckung der Mineralquellen

1824 Errichtung des Kurhauses Heinrichsbad durch Heinrich Steiger

1839 Verkauf des Heinrichsbades an die Familie Nägeli aus Zürich

1873 Kauf und Leitung des Heinrichbades als Kur- und Erholungsanstalt durch Männer einer ‚ernst und edel gesinnten’ Aktiengesellschaft
 

Literatur:

Burckhardt, Rudolf: Fünfzig Jahre Heinrichsbad 1873-1923, Herisau 1923.

Evangelisches Gemeindeblatt St. Gallen Zentrum: Register. http://www.kirchenbote-sg.ch/index.asp?topic_id=1589&m=1589&g=36#2396 (14. September 2011)

Hüsler, Martin: Rosinen aus dem Heinrichsbad, Herisau 1992.

StAAR, Ms. 363: Dankesbrief der Witwe L. Diem 1910.

Transkription:

„31 Oktober 1910

Werthester Herrn Pfarrer Hauri

Meine Kur ist nun zu Ende, aber
mit meinem Herzleiden ist es wirklich
nicht gut. Ich musste auch hier Medezin
gebrauchen, u Herrn Dokt[or] sagte, es
wäre für mich das beste, wen ich
diesen strengen Beruf aufgeben könte,
u ruhige Arbeit machen könte, den für
mein Leiden gehe diess nicht mehr. Wo
aber eine solche Arbeit nehmen.

Bin sehr gekräftigt, man hat es hier im
Heinrichsbad sehr gut, es ist hier Kur
für Seele u Leib, wird Alles befriedigt.
Ich danke Ihnen für Alles Gute mit
Dem Sie mir Werthester Herrn Pfarrer
Zu dieser Kur verholfen haben u der
liebe Gott möge es Ihnen reichlich
segnen u belohnen.
Dankend grüsst Sie
Achtungsvollst
Frau Wittwe L. Diem“

Tags:

Herisau, Brief, Text, handschriftlich, Gesundheit, Kurhaus, Lebensweise, Kur, Heilanstalt, Heinrichsbad, Appenzell Ausserrhoden; Hinterland

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