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Titel:

Ganze Lebensmittelkarte für eine Person

Thema: Politik

Ort: Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden    (Karte anzeigen)

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Datum: --.06.1943

Masse: 15 x 10,5 cm

Standort: Landesarchiv Appenzell Innerrhoden

Urheber/-in: Eidg. Kriegsernährungsamt

Beschreibung:

Lebensmittelkarte zum Bezug von rationierten Nahrungsmitteln gültig vom 1. Juni bis 5. Juli 1943. Solche Karten wurden während des Zweiten Weltkriegs in der ganzen Schweiz an die Bevölkerung verteilt - auf der Rückseite findet sich der identische Text in französischer Spache. Die einzelnen Rationierungs-Coupons sind perforiert und mussten beim Bezahlen der Waren in den Lebensmittelgeschäften abgegeben werden. So wurde verhindert, dass besser gestellte Familien die Geschäfte mit Hamsterkäufen leer räumten, während für Leute in einfachen Verhältnissen nichts übrig blieb. Die Karte war als Monatsration für eine erwachsene Person gedacht. Vorgesehen waren unter anderem 4 Eier, ein Pfund Käse, etwa 850 g Fleisch (je nach Sorte) und 100 g Schokolade. Ein eindrückliches Bild von den Einschränkungen geben auch die Durchhalteslogans und die guten Ratschläge, die zwischen den Coupons aufgedruckt sind: "I der Not gits kei härts Brot!", "Verteilt die Einkäufe auf den ganzen Monat!", "1/4-fetter Käse ist nahrhaft, billiger als Vollfettkäse und braucht weniger Coupons!" Überdies finden sich auch Tipps zur Eigenproduktion von Konfitüre, Erbsenmus und Quark-Käse-Mischung als günstigem Brotaufstrich.

Geschichte:

Nachdem die Schweiz während des Ersten Weltkriegs eine Versorgungskrise durchgemacht hatte, planten die Behörden Ende der 1930er-Jahre rechtzeitig Massnahmen zur Rationierung und zum Mehranbau von Lebensmitteln. 1938 stand der kriegswirtschaftliche Apparat bereit. Dieser umfasste die Förderung der landwirtschaftlichen Produktion (Anbauschlacht), die mengenmässige Beschränkung des Warenbezugs pro Person sowie die Preisüberwachung. Kontrollen bei Grossisten, Detaillisten und Nahrungsmittel-Produzenten mit empfindlichen Strafen im Falle von Verstössen sollten die Einhaltung der Bestimmungen garantieren. Die Rationierung begann am 29. August 1939 mit einer Bezugssperre für wichtige Lebensmittel (Zucker, Hülsenfrüchte, mehrere Getreideprodukte, Fette und Öle). Weitere einschneidende Schritte waren die Einführung von zwei fleischlosen Tagen pro Woche ab Mai 1941 sowie die Fleischrationierung ab März 1942. Die Milchkontingentierung folgte ab Juli 1941, die Milchrationierung ab November 1942 und die Eierrationierung ab Dezember 1941. Brot wurde ab Juli 1940 nicht mehr frisch verkauft, ab Oktober 1942 rationiert und ab Mai 1943 bei Engpässen mit Kartoffeln gestreckt. Schwerarbeiter, werdende Mütter und Kleinkinder erhielten differenzierte Rationen. Der Konsum war nicht nur bei Lebensmitteln eingeschränkt, sondern auch bei dauerhaften Konsumgütern. So gab es zeitweise Rationierungskarten für Textilien, Schuhe, Seife und Waschmittel. Über halbstaatliche Stellen gelenkt waren auch der Handel mit Kohle, Diesel und Zement. Aufgrund der grossflächigen Kriegszerstörungen in halb Europa blieben die Massnahmen über das Kriegsende hinaus bestehen. Vom Frühling 1945 bis Juli 1948 erfolgte die gestaffelte Aufhebung von Rationierungen und Reservelagern.

Autor: Stephan Heuscher, Appenzell

Literatur:

Bellwald, Andreas / Jorio, Marco: Wirtschaftliche Landesversorgung. In: HLS. Version 28.04.2008. URL: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D42887.php (01.03.2013)

Degen, Bernard: Kriegswirtschaft. In: HLS. Version vom 04.11.2008. URL: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D13781.php (01.03.2013)

Degen, Bernard: Rationierung. In: HLS. Version vom 02.08.2010. URL: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D13782.php (01.03.2013)

 

Tags:

Sachquelle, Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden, Rationierung, Lebensmittelkarte, Kriegswirtschaft, Landesversorgung, 2. Weltkrieg

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