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Titel:

Schüler und Lehrer des Kollegiums Appenzell

Thema: Leute

Ort: Appenzell    (Karte anzeigen)

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Datum: 04.10.1911

Masse: 17 x 23 cm

Standort: Archiv Gymnasium Appenzell, Fotos, Schachtel 98

Urheber/-in: Emil Manser, Fotograf, Appenzell

Beschreibung:

Die Foto zeigt die Kapuzinerlehrer und die Schüler der Gymnasialabteilung des Kollegiums St. Antonius Appenzell anlässlich der Eröffnung des neuen Schuljahres am 4. Oktober 1911. Es sind 62 Gymnasialschüler mit ihren 10 Kapuzinerlehrern (v.l.n.r.): P. Wolfgang Feurer, P. Friedrich Schefold, P. Pankraz Bugmann, P. Alfons Maria Broger (Präfekt – Vorsteher der Schule), P. Flavian Eberle, P. Fridolin Bochsler (Festprediger und Guardian des Klosters), P. Fidelis Klaus, P. Lukas Ehrler, P. Meinrad Schuler, P. Heribert Amstad, P. Philemon Maytain.

Die Schüler tragen die grüne Studentenmütze und die obligate sonntägliche Kleidung - gemäss "Prospekt" verfügte jeder Schüler über "eine Kleidung von dunkler Farbe für die Sonn- und Feiertage". Die Foto wurde im Innenhof des Kollegiums östlich vom Mitteltrakt vor dem angrenzenden Kapuzinerkloster aufgenommen.

Geschichte:

Am 4. Oktober 1911 hatte im Kollegium St. Antonius, dessen Gründung 1908 erfolgt war, das vierte Schuljahr begonnen. Die Schule zählte 151 Schüler, davon waren 107 Interne und 44 Externe, die sich auf drei Real- und vier Gymnasialklassen verteilten. Etwa drei Fünftel der Schüler gehörten der Realabteilung an, die damals den Stellenwert der heutigen Sekundarschule hatte.

Die Realschule wurde bald zu einem wichtigen Bestandteil des appenzellischen Volksschulwesens. Auch ausserhalb des Kantons stiess sie auf grosses Interesse. Über die Hälfte der Schüler waren im Internat und kamen vorab aus den Kantonen St. Gallen und Thurgau, vor allem aus jenen ausserkantonalen Gemeinden, die keine eigene Realschule hatten. In der Regel traten 20 bis 30 Schüler aus Innerrhoden in die erste Realklasse ein.

Schon bald wünschten die Kapuziner auch für die Externen ein zweijährige obligatorische Realschule. Die Regierung beharrte aber in Appenzell I.Rh. auf dem siebenjährigen Schulobligatorium, um nicht, wie sie sagte, "ungleiches Recht resp. ungleiche Schulpflicht" zu schaffen. Trotzdem besuchten etwa zwei Drittel der externen Schüler die zweite Realklasse. Vereinzelt traten sie in die bereits 1909 eingeführte dritte Realklasse ein. Das änderte sich seit den 1940er-Jahren, als sich in weiten Kreisen das Verständnis für eine solide Volksschulbildung durchsetzte. Bei den meisten internen Schülern hingegen ist der Besuch von zwei oder gar drei Realklassen schon in den ersten Jahren üblich gewesen.

Laut Lehrplan hatte die Realschule das Ziel, den Schülern "die notwendigen Kenntnisse für eine höhere bürgerliche oder gewerbliche Berufstätigkeit zu vermitteln sowie sie auf weitere kaufmännische und technische Ausbildung vorzubereiten". Dabei war es den Kapuzinern ein grosses Anliegen, die ihnen "anvertrauten Zöglinge durch eine wahrhaft christliche Erziehung nach den Grundsätzen und im Geist der katholischen Kirche heranzuziehen".

Im Allgemeinen hielt sich die Schule an den st. gallischen Lehrplan für Realschulen. Nebst den üblichen Pflichtfächern gab es für die damalige Zeit ein typisches Freifächer-Angebot wie Stenografie, Maschinenschreiben, Instrumentalmusik und eine zusätzliche moderne Sprache (Italienisch oder Englisch). Später war auch der Besuch der Hobelschnitzkurse, der "Flugphysik" und des Krippenbaus möglich. Wenn man die Lehrpläne etwas genauer unter die Lupe nimmt, so zeigen sich kontinuierliche Neuerungen und Verschiebungen.

Wegen des rückgängigen Ordensnachwuchses und wegen der finanziellen Engpässe entschlossen sich die Kapuziner Ende der 1960er-Jahre zur Auflösung der Realschule und für die Beibehaltung des Gymnasiums. An Ostern 1974 verliessen die Schüler der letzten 3. Realklasse das Kollegium.

Was sich in der Realabteilung zeigte, galt auch für das Gymnasium: Bereits in den ersten Jahren entstand eine gut funktionierende Schule, die auf einer straffen und klosternahen Hausordnung beruhte. Es überrascht daher nicht, dass in der damaligen Zeit die Wissensvermittlung in die katholische Morallehre eingebettet war. In der gymnasialen Schulpraxis hatten die sprachlichen, besonders die altsprachlichen Fächer einen sehr hohen Stellenwert. Mit dem zunehmenden Ausbau des Gymnasiums wurde vermehrt auch den mathematischen und naturwissenschaftlichen Fächern Rechnung getragen. Gleichzeitig rückte im Fächerkanon der oberen Klassen die Philosophie ganz nach vorn. Die meisten Nebenfächer konnten von den Realisten und Gymnasiasten belegt werden. Das wichtigste Ziel, der Ausbau des Gymnasiums zum Vollgymnasium mit der eidgenössischen Maturitätsanerkennung, wurde im Jahre 1942 erreicht.

Autor: Josef Küng, Appenzell

Literatur:

Jahresberichte Kollegium, 1908-1942

Küng, Josef: 100 Jahre Gymnasium, Eröffnung und schulischer Ausbau, in: "Antonius". Zeitschrift Gymnasium St. Antonius, Appenzell, März 2008, S. 3-12

Küng, Josef: Realschule – Geschichte und Bedeutung und Entwicklung des Gymnasiums, in: Aufbau und Vermächtnis. Vom Kapuzinerkollegium zur Kantonsschule Appenzell. Hg. von E. Bucher und J. Küng. Appenzell 1999, S. 40-59
 

Tags:

Fotografie, Leute, Appenzell, Bilddokument, Bildung, Mittelschule, Kollegi, Patres, Kloster, Gymnasium, Innerrhoden

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