Zeitzeugnisse

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Titel:

Grenzstreit zwischen der Alp Gross Hütten und der Meglisalp

Thema: Wirtschaft

Ort: Schwende    (Karte anzeigen)

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Datum: 15.06.1605

Masse: 17,3 x 32,7 cm

Standort: Dr. med. vet. Christine Locher, Langgasse 57a, 9056 Gais

Urheber/-in: Landrat von Appenzell Innerrhoden

Beschreibung:

Schiedspruch des Appenzell Innerrhoder Landrates vom 15. Juni 1605 wegen einer Grenzstreitigkeit zwischen Spitalmeister Hans Grunder als Besitzer der Alp Gross Hütten und der Alpgenossenschaft Meglisalp vertreten durch Alpmeister Ulrich Weger. Der Landrat bestimmte, dass alles, was vor dem "Brett" liege, zur Hüttenalp gehöre und alle Weiden, die hinter dem "Brett" liegen, zur Meglisalp. Mit "Brett" ist wohl der Brettchenner, eine Rinne im Gebiet der Schrennen gemeint. "Brett",  lat. planca f., tönt ähnlich wie der schweizerdeutsche Ausdruck "Plangge", eine Bergwiese, die sich aufgrund ihrer extremen Steilheit nur zum Wildheuen eignet. Zudem bestimmte der Landrat, dass beide Parteien Wege und Stege wie bisher frei benutzen dürften und sämtliche Kosten, die aus dem Prozess entstanden waren, selber zu tragen hätten. Pergament mit kleinem Innerrhoder Landessiegel von 1530.

Geschichte:

Die Meglisalp gehört zusammen mit der Alp Soll, dem Berndli und der Potersalp zu den am frühesten erwähnten Alpnutzungen im Kanton Appenzell Innerrhoden. Die genannten Alpen werden bereits im Stiftungsbrief der Pfarrei Appenzell von 1071 erwähnt, weil sie zum Unterhalt von Kirche und Pfarrer den Zehnten abzuliefern hatten. 1546 erliess die Kirchhöre Appenzell als Eigentümerin der Meglisalp eine erste Nutzungsordnung. Es sollte namentlich verhindert werden, dass wohlhabende Bauern zu viel Vieh auftrieben. Vor dem Hintergrund der Spezialisierung auf Viehzucht und Viehhandel im 15. und 16. Jahrhundert sahen sich bescheidenere Viehbesitzer in ihrer Lebensgrundlage bedroht. Ausgehend von dieser obrigkeitlichen Nutzungsordnung dürfte die im Schiedspruch von 1605 erwähnte Alpgenossenschaft Meglisalp entstanden sein. Sie sah sich mehrfach in Konflikt mit den benachbarten Alpen wie der Grosshütten, deren urkundliche Ersterwähnung auf das Jahr 1559 zurückgeht. Dabei ging es immer wieder um Durchzugsrechte für Vieh oder um das Heuen in den dazwischen liegenden Hängen, auch dies ein Ausdruck der wachsenden Nachfrage nach Tierfutter. Der im Schiedspruch von 1605 auftretende Alpmeister Ulrich Weger versah seinen Dienst übrigens auch noch 1617. In jenem Jahr ermahnte ihn der Innerrhoder Wochenrat, den Alpsegen wieder selber zu rufen und die Mauern zusammen mit den Sennen eigenhändig zu unterhalten. Die Obrigkeit war nicht mehr bereit, für derartige Pflichten Geld aus dem Staatssäckel auszugeben.

Autor: Stephan Heuscher, Appenzell

Literatur:

Grosser, Hermann: Im Herzen des Alpsteins. Die Meglisalp. Separatdruck aus dem Häädler Kalender 1983

Inauen, Josef: Innerrhoder Alpkataster. Die Alpwirtschaft in Appenzell I.Rh. mit einem Beschrieb der einzelnen Alpen und Alprecht. Appenzell 2004, S. 118-121 und 285-300

Transkription:

Brieff für die gross Hütten

Wir Landtaman und grosser zwenfacher Landsraath zuo Appentzell bekhennend und thuond offenlich hiemit dieserm brief, das uf hüt dato für uns khomen und erschynen sind, die ehrbaren Hans Grunder, Spitelmeister, an einem und Üli Weger, Alpmeister, in namen gmainer alpgnossen in Meglisalp anderssthailss, unsere landlüth, und in ainer rechtsübung gegen und midereinanderen gestanden von wegen der marchen oder anstössen zwüschen seiner dess angerüreten Spitalmeister Grunderss wayd uf Hütten und gedachter Meglisalp, deren sy sich miteinanderen nit vertragen noch vereinbaren khönden. Begerten deshalben beide thail gantz früntlichen von unss glichförmiger wyss, wir wölten nach verhörung aller deren dingen, so hierinnen vonnöten, einen endtlichen spruch in diser sach thuon und sy entscheyden, damit wyterer zankh und unwyllen vermitten bliebe und sy bayde thail zu ruohwenn khomen mögind. Haben derowegen wir uf vorstehendes bayder parthyen ein helliges begeren wie auch nach verhörter zu baiden thailen kundtschaft zu recht erlüteret, erkhent unnd gesprochen: Das alles von der wäyd Hütten daweg hiderj werth gegen Meglisalp bis zum brett der gesagten wayd uf Hütten dienen und was hinder dem brett ist gen Meglisalp ghören sölle; also und dermaassen, dass der Spitalmeister Grunder und sine nachkhomen alles das jenig, was vorm brett ist und liget und die alpgnossen in Meglisalp, was hinder dem brett ist, nutzen, niessen und bruchen mögind nach ihrem willen und wolgfallen ohne einiche innreed, hinderen, weehren ald verspeeren. Nichts destoweniger soll man steg und weg bruchen wie von altem har. Beyneben sol iedes den kosten, so es ussgeben hette und dessetwegen uffglauffen möchte sin, an ihm selbs han. Diser unser gegebnen erkhanntnus begerte ihme der offtgenante Spitalmeister Grunder brieff und sigel, das ihme zu geben erkhant ist. Welchem zu wahrem urkhund haben wir ihme disen brieff mit unser landss anhangendem servat insigel verwahret geben lassen den fünfzehenden tages brachmonats nach Christi Jesu unseres herren und säligmachers geburt im sechszehenhunderten und fünfften jares.

Tags:

Alpstein, Grenze, Urkunde, Land, Textdokument, Viehhandel, Schwende, Meglisalp, Flurname, Hüttenalp, Alpwirtschaft, Viehzucht, Innerrhoden

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