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Titel:

Appenzeller Alpenbitter kommt auf den Markt

Thema: Wirtschaft

Ort: Appenzell    (Karte anzeigen)

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Datum: 19.05.1909

Masse: 27,3 x 20,9 cm

Standort: Landesarchiv Appenzell Innerrhoden, Sammlung Briefköpfe

Urheber/-in: Emil Ebneter & Co.

Beschreibung:

Korrespondenz der Firma Emil Ebneter & Co., datiert 19. Mai 1909. Nach Jahren der Erprobung hatte Emil Ebneter 1907 den Appenzeller Alpenbitter auf den Markt gebracht und markenrechtlich schützen lassen. Noch im gleichen Jahr gewann er mit seinem neuen Produkt auf der Pariser Exposition Internationale Sports, Hygiène, Alimentation Ehrendiplom und Goldmedaille. Die Basis für den bis in die Gegenwart anhaltenden Erfolg des bekannten Likörs waren gelegt. Zunächst galt der Alpenbitter eher als Arzneimittel gegen Magenbeschwerden u.ä. Der Aspekt des Genussmittels trat erst nach und nach in den Vordergrund.

Wohl 1907 oder 1908 liess Ebneter Briefpapier drucken, das im Briefkopf alle wesentlichen Informationen zusammenfasst. Links oben das Markenemblem mit Bär, Flasche und dem Vermerk "Schutzmarke". Darüber der Produktname mit der Anmerkung "Aerztlich empfohlen". Darunter der Hinweis auf Diplom und Medaille. Rechts unten die Unterschrift des Firmengründers.

Geschichte:

Der Appenzeller Alpenbitter gehört wie das Appenzeller Bier oder die Appenzeller Biberli zu den Produkten, welche den bekannten Ortsnamen als Marketingmittel einsetzen. Hergestellt wird der populäre Kräuterschnaps von der Appenzeller Alpenbitter AG. Die im Bezirk Schwende beheimatete Firma wurde 1902 vom jungen Kaufmann Emil Ebneter (1883-1938) als Spirituosenhandlung gegründet. "Grichtschriebers Emil" war in Zürich und im Welschland ausgebildet worden und hatte erste Erfahrungen als Handelsreisender für Wein gemacht. Angeregt durch die im Appenzellerland wachsenden Heilkräuter fand er ein eigenes Rezept und liess dafür 1907 den Markennamen 'Appenzeller Alpenbitter' schützen. Zusammen mit seinem erst 19-jährigen Schwager Beat Kölbener (1889-1948) gründete er 1908 die Firma Emil Ebneter & Co. und nahm auf einer kleinen fahrbaren Brennerei die Produktion auf. Die Geschäftsräumlichkeiten befanden sich in der 'Konzerthalle', ein Gebäude, das von Kölbeners Vater 1876 als Stickfabrik erbaut worden war, seit 1889 aber als Restaurant mit Musikbetrieb gedient hatte. 1914 gewannen die beiden jungen Unternehmer an der Schweizerischen Landesausstellung für den Alpenbitter eine Goldmedaille. Der unternehmerische Schwung wurde jedoch schon wenig später durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges gebremst.

Trotzdem erwarben Ebneter und Kölbener 1916 das Säge- und Hobelwerk von Johann Josef Hersche an der Weissbadstrasse, womit die Firma in den Besitz  ihres heutigen Betriebsgeländes gelangte. In der Sägerei wurde eine neue Dampfbrennerei mit Hochkamin erbaut und das Warenlager für die fertigen Produkte eingerichtet. So konnten nach dem Krieg neue Likörrezepte umgesetzt werden. Die Firma Ebneter stellte auch Edelbranntweine und Fruchtsirupe her und richtete eine Mosterei ein. Ende der 1920er-Jahre verfügte das Unternehmen bereits über eine ganzen Stab von Vertretern, welche die Produkte in Gaststätten und im Detailhandel vertrieben. 1938 erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft mit einem Kapital von 360'000 Franken. 1943 konnten eine Pensionskasse sowie eine Firmenkrankenkasse für das Personal gegründet werden. Der wachsende Erfolg wurde auch durch die sogenannte Schnapsfälscheraffäre nicht in Frage gestellt. 1939 untersuchte die Bezirksanwaltschaft Zürich Betrugsfälle, in die mehrere Schweizer Spirituosenhersteller verwickelt waren. Es stellte sich indes rasch heraus, dass die Firma Ebneter mit solchen Machenschaften nichts zu tun hatte. Der Alpenbitter war und blieb eine unverfälschtes Getränk.

Der Aufschwung nach Kriegsende liess die Geschäftslokalitäten bald zu klein werden. Deshalb verliess die Firma die Konzerthalle sowie die Lagerkeller, Magazine und Büros, die sie im Verlaufe der Zeit in der näheren Umgebung gemietet hatte. Auf dem heutigen Firmengelände an der Weissbadstrasse entstand 1948 ein neuer Fabrikbau, der die Fabrikationskapazitäten wesentlich erweiterte. Der wachsende Erfolg rief indessen auch unliebsame Konkurrenten auf den Plan. Der Appenzeller Alpenbitter wurde in den fünfziger Jahren von einer Firma konkurrenziert, welche ihr Produkt 'Appenzeller Berggeist Bitter' nannte. Die Emil Ebneter AG zog den daraus resultierenden Markenrechtsstreit bis vor Bundesgericht und bekam schliesslich 1955 recht.

Autor: Stephan Heuscher, Appenzell

Literatur:

50 Jahre Emil Ebneter & Co. AG, Appenzell. Appenzell 1952

75 Jahre Emil Ebneter & Co. AG, Appenzell. Appenzell 1977

Signer, Jakob: Chronik der Appenzell Innerrhodischen Liegenschaften. In: Appenzellische Geschichtsblätter, Nr. 7, Dezember 1939, Nr. 21, November 1940 und Nr. 10, Mai 1945

Appenzeller Volksfreund, Nr. 56 vom 10. Mai 1928 und Nr. 59 vom 15. April 1948

Lehni, Felix Franz: Industrie in Appenzell Innerrhoden. Appenzell 1969 (Separatdruck aus dem Appenzeller Volksfreund, 20. Sept. 1969)

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Appenzell Innerrhoden, Fotografie, Wirtschaft, Appenzell, Bilddokument, Industrie, Alpenbitter, Appenzeller

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